192 —
177. Aus dem Leben Friedrichs des Großen.
1. Friedrich der Grosze »nd sein Kammerdiener.
Der König Friedrich der Große arbeitete oft anhaltend bis in bie
Nacht hinein. Einst saß er noch an seinem Pulte, als die Mitternachts¬
stunde schon geschlagen hatte. Da trat sein Kammerdiener Heise in das
Zimmer. Dieser stand bei Friedrich in großer Gunst und konnte sich
schon erlauben, was ein anderer nicht wagen durfte. Er erinnerte den
König, daß es schon spät und Zeit zur Ruhe sei. Der König sagte:
„Ich habe da eine wichtige Arbeit vor, die keinen Aufschub leidet.
Wenn ich jetzt zu Bett gehen soll, so muß Er mich spätestens morgew
früh um 4 Uhr wecken. Ich werde dann noch schläfrig sein und nicht
aufstehen und Ihn wieder wegschicken wollen. Aber ich befehle Ihm,
daß Er sich nicht abweisen läßt. Wenn ich nicht aufstehen will, so kann
Er mir die Bettdecke wegziehen. Hört Er?" Mit dem Schlage vier
trat Heise ein. Der König schlief sanft und fest. Aber der treue Diener
weckte ihn mit lauter Stimme. Der König schlug die Augen ans und
sprach: „Es ist mir leid geworden, ich muß noch zwei Stunden schlafen;,
komme Er um 6 Uhr wieder!" — „Ew. Majestät aber haben befohlen!"
sagte Heise. „Schäker", rief der König, „Er hört es ja, ich will nicht!"
— „Majestät, Sie müssen", antwortete Heise und zog die Bettdecke
weg. Nun stand der König auf, und als er noch schlaftrunken gähnte
und sich reckte, rief er aus: „Ach Gott, wäre ich doch kein König
geworden!"
2. Der General Ziethen.
Der alte General Ziethen speiste einst mit mehreren vornehmen
Herren beim König Friedrich dem Großen von Preußen. Vornehme
Herren sitzen in der Regel lange am Tische, indem sie viel dabei
sprechen. Der General, ein Greis von 80 Jahren, schlief während
des Gesprächs ein. Einige der anwesenden Herren lächelten und woll¬
ten sich über ihn lustig machen, allein der König verbot es mit einem
ernstlichen Gesichte, indem er sagte: „Lasset uns leise reden, damit
wir ihn nicht stören; er hat lange genug für uns gewacht!"
3. Das Dankfcst z» Charlottenvurg.
Am 15. Februar 1763 wurde zu Hubcrtnsburg Friede geschlossen und
damit dem 7 jährigen Kriege ein Ende gemacht. Niemand freute sich darüber
mehr als Friedrich der Große. Sieggekröut kehrte er in seine Staaten
zurück, und überall wurde er mit Freude und Jubel begrüßt. Die Ein-