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5. Abendfeier.
Ph. Spitta.
Wie ist der Abend so traulich!
Wie lächelnd der Tag verschied!
Wie singen so herzlich erbaulich
die Vögel ihr Abendlied!
Die Blumen müssen wohl schweigen;
kein Ton ist Blumen beschert.
Doch, stille Beter, neigen
sie alle das Haupt zur Erd'.
Wohin ich gehe und schaue,
ist Abendandacht. Im Strom
spiegelt sich auch der blaue,
prächtige Himmelsdom.
Und alles betet lebendig
um eine selige Ruh',
und alles mahnt mich inständig:
„O Menschenkind, bete auch du!“
6. Bonntagsmorgen.
R. Reinick.
Aus den Thälern hör' ich schallen
Glockentöne, Festgesänge;
helle Sonnenblicke fallen
durch die dunkeln Buchengänge.
Himmel ist von Glanz umflossen,
heil'ger Friede rings ergossen.
Durch die Felder, still beglücket,
ziehen Menschen allerwegen;
frohen Kindern gleich geschmücket,
gehn dem Vater sie entgegen,
der auf goldner Saaten Wogen
segnend konmmt durchs Land gezogen.
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