Full text: [Teil 2 (Mittelstufe, 1. Abteilung), [Schülerband]] (Teil 2 (Mittelstufe, 1. Abteilung), [Schülerband])

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„Führe mich zu deiner Mutter, Kleine!“ sagte er und folgte 
dem Mädchen, das ihn durch mehrere Straßen und Gäßchen 
bis zu einem lleinen, baufälligen Hause führte. 
„Hier wohnen wir, Herr!“ 
Sie schritien zwei schmale, alte, knarrende Treppen hinan. 
Dann öffnete die Kleine eine Bodentür, und der Herr hatte 
nun einen Einblick in eine halb finstere, unheimliche Dach— 
kammer. Der Verschlag war feucht und kalt, und in der Ecke 
lag auf ärmlichem Lager eine junge Frau, der das Unglück in 
den Augen zu lesen war. Sie richtete sich stöhnend auf, als 
der Fremde eintrat. 
O, Herr Doktor“, sagte sie, „es ist nicht recht, daß meine 
Tochter Sie heimlich gerufen hat. Ich habe keinen Heller und 
kann nichts bezahlen.“ 
Der fremde Herr winkte einen Diener herbei, der ihm 
gefolgt war, und sagte ihm einige Worte, worauf dieser sich 
entfernte. 
„Haben Sie niemand, der für Sie sorgt?“ fragte er dann. 
„Ich habe keinen Verwandten, der sich um mich kümmern 
könnte, und meine Wirtsleute sind selber arm. Mein Mann 
war Arbeiter. Solange er lebte, ging es uns gut; seit er tot 
ist, habe ich Tag und Nacht gearbeitet, um uns zu ernähren. 
Dann wurde ich krank, und so kamen wir in Not und Elend.“ 
Der Herr gab dem Mädchen Geld: „Geh, hole Brot und 
Wein!“ Schnell eilte das Mädchen davon und kehrte bald mit 
freudestrahlendem Gesichte zurück, ein Brot im Arme und eine 
Flasche Wein in der Hand. 
„Das lohne Ihnen Gott!“ sagte die Frau mit Tränen in 
den Augen. 
Da trat ein Arzt ein, den der Diener herbeigerufen hatte. 
Ehrfurchtsvoll verneigte er sich vor dem fremden Herrn, der 
diesen Augenblick benutzte, um still eine Kassenanweisung auf 
den Tisch zu legen und sich dann unbemerkt zu entfernen. 
Der Arzt untersuchte den Zustand der Kranken, gab seine 
Verordnungen und bemerkte, daß er seinen Besuch jeden Tag 
wiederholen werde. Wegen der Zahlung dürfe sie sich keine
	        
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