Full text: Lesebuch für die Mittelklassen der Volksschulen

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Es soll mir nicht entkommen; ich will ihm Milch und Brot 
zu essen geben." Also redete der kleine Rudolf. 
Da sprach der Vater: „Nun, Rudeli, so laß uns doch 
auch deinen schönen Fang bewundern!" 
Darauf griff der Knabe hastig in seine Tasche und zog 
ein schönes Sommervögelein hervor. 
Aber siehe! die Fittiche des Bögleins hatten ihren Glanz 
verloren; der bunte Flügelstaub klebte an den Fingern des 
Knaben und die zarten Schwingen waren ganz zerzaust. 
Da seufzte der Knabe bitterlich und sprach: „O, wie ist 
das Ding so jämmerlich entstellt worden! Sieht es doch 
dem Vöglein nicht mehr ähnlich, das auf der Rose saß! 
Pfui, wenn sie auch so gebrechlich sind!" — So sprach der 
Knabe und warf das Vöglein zürnend zur Erde. 
Der Vater aber antwortete und sprach: „Wem zürnest 
du? Ist es denn des Vögeleins Schuld, daß es so zart 
gebildet wurde? Du hast es mit rauhen Händen angefaßt, 
darum verwelkte sein Flügelglanz und sein Blumenleben." 
(Friede. Krurnniacher.) 
Hlätsek. 
Erst kroch ich hungrig aus der Erde 
Und war gebannt auf Gras und Kraut, 
Dann löste ab ich die Beschwerde, 
Da hat im Sarg man mich geschaut. 
Doch als sich hoben Frühlingsdüfte, 
Durchbrach ich kühn mein enges Grab, 
Schwang mich auch fröhlich durch die Lüfte 
Und nahm den Blumen Nahrung ab. 
Dir, Mensch, soll ich es laut verkünden: 
Im Tode wirst du Leben finden. 
41. Die Grille und der Schmetterling. 
Es sass eine kleine Grille im Grase und sah einen 
niedlichen Schmetterling auf der Wiese von Blume 
zu Blume flattern. Wie sehr beneidete sie den
	        
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