312
Das Zeitalter der unumschränkten Fürstenmacht.
menschliche Schwäche verzieh wie einem griechischen Gotte, ward ein „Gott" für
die sogen, gebildete Welt.
Auch der Trieb zur Wissenschaft erhielt durch die Ausbreitung der
Europäer über den ganzen Erdball eine mächtige Anregung. Die Seefahrten
nötigten zur Beobachtung der Gestirne und lehrten messen und rechnen; die
Entdeckung neuer Tier- und Pflanzengattungen forderte zu Beschreibungen auf.
die Presse verbreitete solche überallhin; die Vergleichung der fremden Pflanzen
und Tiere mit den einheimischen zeigte die Unterschiede und schärfte den Blick.
Der forschende Geist bemächtigte sich bald mit Vorliebe des Gebietes der Natur-
Wissenschaften, die dadurch riesenhafte Fortschritte machten. Wie dürftig es
einst um das Studium der Mathematik selbst auf den deutschen Univer-
Mten aussah, kann man z. B. daraus abnehmen, daß der Lehrer der Ma-
thematik zu Wittenberg noch in den Tagen Melanchthons die Studierenden
zum Unterrichte in den vier Grundrechenarten einladet, „von denen Multipli-
zieren und Dividieren etwas mehr Fleiß verlangen; es giebt freilich schwierigere
-steile der Arithmetik, ich spreche aber nur von diesen Anfängen, die euch ge-
lehrt werden und nützlich sind". Wahre Herrscher in dem Reiche der mache-
matischen Wissenschaften sind Kepler, Leibniz, Newton und Euler.
Diese mathematischen Leistungen und die Erfindung des Fernrohrs — sie soll
zufällig im holländischen Middelburg 1600 gemacht sein; wenige Jahre später
verfertigte auch Galilei ein solches Instrument; Kepler, Gregory und Newton
verbesserten es — erhoben die Astrologie zur Astronomie, wenngleich selbst
Kepler noch an den Einfluß der Gestirne auf das menschliche Schicksal
glaubte, ebenso wie Melanchthon, Gustav Adolf, Rudolf II. u. s. w. Wallen-
stein suchte aus dem Stande der Gestirne (Konstellation) sein Geschick zu lesen.
Nachdem der Domherr Nikolaus Kopernikus aus Thorn (1473 bis
1548) sein neues Weltsystem aufgestellt hatte, bewies Johannes Kepler
(1571—1631), aus dem schwäbischen Städtchen Weil gebürtig, daß die
Bahnen der Planeten elliptisch sind, und lehrte die Verhältnisse ihrer Eni-
fernungen und Geschwindigkeiten. Galileo Galilei (1564—1642) ent¬
deckte den Ring des Saturn und die vier Monde des Jupiter, der Holländer
Huygens die Monde des Saturn und die Lichtphasen der Venus und er-
fand das Uhrpendel. Der Engländer Isaak Newton (1646—1725)
stellte das Gesetz der Schwere fest, das unsichtbare Band der fernsten Welt-
körper. Sein Schüler Halley berechnete zuerst die Bahn eines Kometen,
des nach ihm benannten. Bradley entdeckte die Aberration des Lichtes, der
aus Deutschland nach England übergesiedelte Herschel den Uranus. Große
Verdienste um die Astronomie erwarben sich ferner Cassini, Maupertuis,
Schröter u. s. w. Die meisten Astronomen suchten auch die Natur des Lichtes
zu ergründen. Die Schwere der Luft zeigte der Erfinder der Luftpumpe, der