Full text: [Teil 6 = Oberstufe 2, [Schülerband]] (Teil 6 = Oberstufe 2, [Schülerband])

verlassene Felder, eingeäscherte Dörfer lagen meilenweit umher in 
grauenvoller Verwüstung. Wo noch ein Dorf von gänzlicher Zer— 
Nörung verschont geblieben war, da waren die Häuser kaum noch 
bewohnbar, die Scheuern zerfallen. Blühende Landschaften hatte 
der Krieg in Eindden, Felder und Wiesen in Wald und Wüstenei 
berwandelt. Viele Weinberge, welche früher fleißig und mit Er— 
folg bebaut worden waren, blieben nun unbebaut und wüst liegen. 
Relßende Tiere hatten von Feld und Wald Besitz ergriffen, und 
in jeder Winternacht hörte man den Schrei des huͤngrigen Wolfes 
vor dem Hosthor. 
Schlimmer aber noch als diese Verwüstungen war die ent⸗ 
setzliche Verwilderung der Menschen. Die entlassenen Soldaten, 
n ein geregelles Leben nicht gewöhnt, streiften als Räuber und 
Morbdbrenner im Lande umher. Der Schulunterricht hatte fast 
Jänzlich aufgehört. Verwahrloste und verwaiste Kinder scharten 
sich zusammen, durchzogen das Land und weideten wie die Tiere 
des Feldes die Wiesen ab. In den ausgestorbenen Dörfern sah 
man abgemagerte Menschengestalten neben Leichen liegen und im 
Wahnsinn des Hungers an diesen herumnagen. Eine allgemeine 
Verzweiflung hatte sich in den letzten Jahren des Krieges der 
Gemnler bemächtigt, und heiß sehnte man sich nach dem Ende des 
langjahrigen Moͤrdens und Zerstörens. Als nun endlich die Friedens⸗ 
botschaft ertdnte, da durchzuckte eine leidenschaftliche Freude alle 
Seelen; auch die wildeste Brut des Krieges, das Soldatenvolk, 
wurde davon ergriffen Feierlich und mit aller Inbrunst wurde 
das Friedensfest begangen. Deutschland aber, das nahe daran 
gewesen, in völlige Barbarei zurückzusinken oder eine große Wüste 
zu werden, fing an, sich langsam zu erholen, und in vieler Be— 
Rehung hat erst unser Jahrhundert wieder gewonnen, was durch 
den 30jährigen Krieg verloren gegangen war. 
Nach J. C. Andrä. 
35. 
Frühlings Auferstehung. 
Vom Rilse befreit sind Strom und Bäche 
durch des Frühlings holden, belebenden Blick; 
im Thale grünet Hoffnungsglück. 
Der alte Winter in seiner Schwäche 
zog lieh in rauhe Berge zurück. 
Von dorther sendet er flüehend nur 
ohnmächtige Schauer körnigen Eiles 
in Streifen über die grünende Flur. 
Aber die Sonne duldet kein Weibes; 
überall regt sich Bildung und Streben, 
alles will sie mit Farben beleben.
	        
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