112. Gelimer.
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schlossen halten sollte. Lange Zeit hielt Gelimer die Bela—
gerung tapfer aus, und Pharas wurde endlich ungeduldig
uͤber die mannigfachen Beschwerden des Winters und nahm
sich vor, die Feste durch einen kühnen Angriff zu nehmen.
Aber die Belagerten wälzten Steine hinab auf die Heran—
steigenden, daß viele von ihnen umkamen und zuletzt selbst
Phaͤras trotz seines Eifers einsehen mußte, daß ihm ein
Slurm nimmermehr gelingen werde. So wartete er denn
getrost, bis der Hunger den König und seine wenigen Ge—
kreuen zur Übergabe treiben würde. Er schrieb aber an
Gelimer einen Brief, worin er diesen zur Unterwerfung auf—
forderte.
Gelimer antwortete, daß er nimmer einem ungerechten
Feinde sich unterwerfen wolle. „Aber,“ so schloß er seinen
Brief, „bewillige du mir eine Bitte, lieber Pharas, und
schicke mir eine Leier, ein Brot und einen Schwamm.“
über diese Bitte wunderte sich Pharas, da er nicht wußte,
was sie bedeuten sollte, bis ihm der Überbringer des Briefes
sie erklärte. Er sagte: „Gelimer hat ein Brot begehrt, weil
er ein solches nicht mehr gesehen, seitdem er den Felsen von
Pappua bestiegen hat; er bedarf eines Schwammes, weil
ihm von vielenn Weinen das eine Auge blind geworden ist;
nach einer Leier aber sehnt er sich, um bei ihrem Klange
sein Elend zu besingen.“ Da ergriff den Pharas Trauer
über den Wechsel menschlicher Größe, und er gewährte dem
unglücklichen Könige seine Bitte. Aber immer enger und
enger versperrte er ihm die Zugänge zum Felsen von
Pappua.
Noch drei Monate vergingen; der Winter nahte sich
seinem Ende, und Gelimer war noch immer ungebeugten
Mutes; aber seine Standhaftigkeit kam oft in Versuchung.
Einmal hatte ein maurisches Weib von einigem Getreide,
das kaum halb gemahlen war, einen Kuchen bereitet und
schob ihn in die heiße Asche des Herdes, wie die Mauren
zu backen lcn Bei dem Feuer saßen zwei Knaben; der
eine war Gelimers Neffe, der andere ein Sohn jener Frau.
Beide waren gierig hungrig und lauerten auf den Augen—
blick, wo der Kuchen gar sein würde. Als dieser so weit
zu sein schien, stürzte der vandalische Knabe schnell daxauf
zu, riß ihn weg, schob ihn glühend und mit Asche bedeckt in
seinen Mund und wollte ihn verschlingen. Aber der maurische
Knabe faßte seinen Genossen bei den Haaren, rang mit ihm