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ein warmer Hauch die Scheibe taut,
25 ein braunes Auge niederschaut,
ein roter Mund so freundlich lacht,
rings um ihn schmilzt die eis'ge Pracht,
das Fenster klirrt, aus warmem Haus
ein ros'ges Händchen drängt hinaus
30 und streut mir Bröslein voll und reich,
schließt wieder dann das Fenster gleich.
Hab' Dank! Schön Dank! Wie wohl das thut!
Noch giebt es Kinder brav und gut.
Daß ich vorhin so schalt — verzeiht!
Gewiß, es thut mir selbst schon leid. gul. Lohmeyrr.
241. Die dankbaren Vöglein.
1. Der alten Rotkehlchenmutter hörte ich eines Tages zu. Sie er¬
zählte: Das war doch früher eine böse Zeit für uns, und in Feld und
Wald ertönte nur zu oft schmerzliches Zirpen, Schreien und Klagen. Da
streiften an den freien Nachmittagen und zumal Sonntags die Knaben
verwildert in Scharen umher, klopften auf jeden Busch und rüttelten
spähend an jedem Baume. Flog dann ein Vogel auf und verriet dadurch
die Wohnstätte seiner Lieben, wehe, wie ging es dann ohne Schonung über
das Nest her! Junge und Eier wurden mit rauher Hand ausgehoben
und mitgenommen, und niemals sahen wir etwas davon wieder. Da gab
es Jahr für Jahr viel Jammer und Herzeleid bei uns armen Eltern, und
viele von uns flogen weit hinweg in andere Gebiete, welche ihren Nestern
mehr Sicherheit gewährten. Den Eltern der wilden Knabenschar aber
sandte der liebe Gott auf Äcker und Gärten die Plage von Raupen,
Schnecken und anderem Ungeziefer. Diese vermehrten sich, ihrer Feinde
und Vertilger ledig, nun tausendfältig, verdarben den sonst so fruchtbaren
Boden, und kümmerliche Ernten versetzten die Bauern in Not und Jammer.
2. Da kam ein neuer Lehrer in das Dorf, welchem die Leute ihre
Not klagten. Auf Abhilfe sinnend, gewahrte er bei einem Gauge durch
Wald und Feld, wie die Knaben seines Dorfes umherstreifend unsere Nester
plünderten. Da hielt er am nächsten Tage strenges Gericht über die
Schuldigen und erfuhr nun, daß in diesem Dorfe die Jugend schon jahre¬
lang so gehaust habe. Jetzt ward ihm die Ursache der Insektenplage und
der Mißernten sofort klar. Er ging zu den Eltern der Nestplünderer,
redete ihnen wohlwollend zu und legte ihnen vor allem ans Herz, ihre Kinder
zur größten Schonung der Vögel ernstlich anzuhalten; denn gerade wir
seien des Ackerbauers beste Freunde und Helfer. Da fiel es den Leuten
wie Schuppen von den Augen, und dankbar folgten sie den Ratschlägen
des kundigen Mannes. Und siehe, nun brach mit einem Male eine gute