fullscreen: Norddeutsches Lesebuch

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gen gequält. Nun kamen Aerzte. Auch der Graf Albrecht von Mansfeld und 
dessen Gemahlin erschienen und brachten stärkende Tropfen. Doch die Brustbe— 
klemmungen wurden immer heftiger. Seine Freunde meinten, weil er schwitze, 
werde Gott Gnade zu seiner Besserung geben; er aber antwortete: „Es ist 
kalter Todesschweiß. Ich werde meinen Geist aufgeben, denn die Krankheit meh⸗ 
ret sich.“ Dann betete er: „O mein himmlischer Vater, Gott und Vater unsers 
Herrn Jesu Christi, du Gott alles Trostes, ich danke dir, daß du mir deinen 
lieben Sohn Jesum Christum offenbaret hast, an den ich glaube, den ich gepre⸗ 
digt und bekannt habe, den ich geliebet und gelobet habe, welchen der leidige 
Papst und alle Gottlosen schänden, verfolgen und lästern. Ich bitte dich, mein 
Herr Jesu Christe, laß dir meine Seele befohlen sein. O himmlischer Vater, 
ob ich schon diesen Leib lassen und aus diesem Leben hinweggerissen werden muß, 
so weiß ich doch gewiß, daß ich bei dir ewig bleiben werde und aus deinen Hän— 
den mich niemand reißen kann.“ Weiter sprach er: „Also hat Gott die Welt 
geliebt, daß er seinen eingebornen Sohn gab, auf daß alle, die an ihn glauben, 
nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Wir haben einen Gott 
des Heils und einen Herrn Herrn, der mitten aus dem Tode uns führet.“ Dann 
betete er dreimal: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist. Du hast 
mich erlöset, du getreuer Gott.“ Nun ward er still, und ob man ihn gleich rüt— 
telte, schlug er kein Auge auf. Da rief ihm Dr. Jonas zu: „Ehrwürdiger 
Vater, wollt Ihr auf die Lehre Jesu, wie Ihr sie gepredigt habt, auch sterben?“ 
Er antwortete mit einem deutlichen Ja, legte sich auf die rechte Seite und starb 
so sanft und ruhig, daß die Umstehenden noch lange meinten, er schlummere. 
Es war in der Nacht zwischen 2 und 3 Uhr, am 18. Februar 1546, als Dr. 
Luther heimging. 
Die Nachricht von seinem Tode verbreitete eine tiefe Trauer über das ganze 
Land. Nach dem Willen des Kurfürsten ward der Sarg mit der theuren Leiche 
den weiten Weg gen Wittenberg gefahren. Von allen Seiten strömten Begleiter 
herbei. Wo der Trauerzug durchkam, wurden die Glocken geläutet. Als man 
ber Stadt Wittenberg sich näherte, zog die ganze Universität sammt allem Volk 
hinaus, ihn einzuholen. Dr. Bugenhagen hielt die Leichenpredigt. Dann begru— 
ben sie die Leiche in der Schloßkirche vor dem Altar und deckten eine einfache 
Steinplatte über die Gruft. 
213. Ein' seste Burg ist unser Gott. 
Daß dies Lied eine Bearbeitung des 46. Psalm ist, wissen wir recht gut, 
aber nur wahrscheinlich ist es, daß Luther es am 1 November 1527, also 10 
Jahre nach Beginn der Reformation, gedichtet hat Gedruckt ist es zuerst im 
Jahre 1529. Der ganze Luther, wie er leibt und lebt, tritt uns in diesem Liede 
entgegen. Es war sein Lieblingslied, und schnell, als wären die Engel Gottes 
selber Boten gelaufen, flog es durch Deutschland. 1632 schon ward es zu Schwein⸗ 
furt von den Kindern gesungen, nicht lange darnach auf dem Marktplatze zu Bern— 
burg, und zwar von dem Fürsten Wolfgang von Anhalt. Das ging aber so zu. 
Der Fürst, ein guter Lutheraner, ward im Jahre 1537 von dem flatholischen 
deutschen Kaiser Karl V. in die Acht erklärt und seines Landes beraubt. Als 
der Achtbrief in Bernburg anlangte, setzte er sich zu Pferde, ritt durch die be— 
stürzte Stadt und sang zum Abschied auf dem Marktplatze mit heller Stimme:
	        
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