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schien es unmöglich, ein Zelt aufzuspannen; wir versteckten uns mit
niedergebeugtem Körper hinter den Uferdamm des Gießbaches und
seine dichten Gesträuche und ließen die Sandwolken über uns hin-
streichen; später wurden, mit der Anstrengung eines Ringers, der mit
einem eben so Starken ringt, als er selber ist, die Stangen des Zeltes
aufgerichtet, dessen Seile, außer an tief eingeschlagenen Pflöcken, zu-
gleich an den Stämmen der Tamarisken befestigt wurden. Jetzt saßen
wir auf dem Geräte im Innern des Zeltes oder hinter dem Damme
des Bachufers, hörten das Niederrieseln des Sandes auf das Zelt
und Gesträuch und gaben uns jener angenehmen Empfindung hin, die
den gesicherten Zuschauer bei jeder ungewöhnlichen, auch in ihrem
Kreise zerstörenden Naturerscheinung anwandelt. Doch war der feinere
Sandstaub, welcher mit dem gröberen zugleich die Luft erfüllte, von
so durchdringender Kraft, daß er sich in alle unsere verschlossenen Be-
Hältnisse für Kleider, Wäsche, für Speisen und Getränke, sowie durch
die Kleider auf die Haut des Körpers hineinzog. Ich hatte mich im
Zelte auf einige Augenblicke hingelegt mit verschlossenen Augeu, um zu
ruhen; die sorgsame Hausfrau, da sie hineintrat und mein Gesicht in so
gelblich-grauer Färbung bemerkte, erschrak nicht wenig, denn sie meinte
das Angesicht eines Toten zu sehen. Der Reis, den wir, da sich endlich
gegen Abend an ein Anzünden des Feuers und an eine Zubereitung
des Abendessens denken ließ, genossen, war so versandet und vom
Staube braun gefärbt, daß wir ihn gerne, ohne ihn im Munde zu
prüfen, ganz verschluckten."
23. Sudan.*
(68180 QMl. und 84 Mill. Einw.)
Jenseit des Niger-Deltas in dem westlichen großen Borsprunge
von Afrika erhebt sich als nordwestlicher Eckpfeiler das Tafelland von
Hoch-Sudan mit dem mächtigen Konggebirge. Nach Westen uud
Süden fällt dasselbe in steilen Terrassen zum Meer hinunter, an dem
nur schmale Küstenebenen hinzieheu. Aus Hoch-Sudan kommen zwei
mächtige Ströme, Senegal und Gambia. Sie bilden S e n e-
g a m b i e n. Der Ostrand des Kongolandes dehnt sich in das weite
Flach-Sudan (Nigritien) aus. Östlich vom Nigergebiet liegt das
nirgends über 310 Meter steigende Tiefland von Zentral-Sudan
mit dem weiten Becken des Tschad-Seees (nächst dem Kaspischen Meere
der größte Landsee der Welt), in den von Süden her der große Fluß
S ch a r i strömt. Von Tief - Sudan steigt das Land zu der größten
Wüste der Erde, der Sahara.
Was aber Sudan besonders von der Wüste trennt, ist, daß, wäh-
rend dort der Regen beinahe gänzlich fehlt, er hier im Überfluß
• Mit Einschluß von Oberguinea und dein ehemals ägyptischen Sudan.