Full text: Lesebuch für die Mittel- und Oberstufe (Teil 2, [Schülerband])

1. Der heilige BonifaciuS. 
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F. Zur Geschichte der katholischen Kirche. 
1. Der heilige Bonifaeius.') 
Die britischen Inseln, Irland und England, waren es, von denen 
zuerst Sendboten ausgingen, um das Wort vom Kreuze auch in den 
Wäldern Germaniens zu verkünden. In Britannien war durch die 
fromme Sorge des Papstes Gregor I., welcher Geistliche ausgesandt, 
Klöster, Kirchen und Schulen gegründet hatte, ein neues christliches 
Leben erwacht. Aus dieser Stiftung Gregors gingen die Männer 
hervor, welche aus Liebe zu dem, der sie selbst aus heidnischer Finsterniß 
zu göttlichem Lichte berufen hatte, zu den deutschen Stämmen wan¬ 
derten, um auch ihnen die Segnungen des Christentums zu bringen. 
Die ersten Bekehrer aus Irland waren Kolumban, Gallus, Kilian, 
Emmeran, die in verschiedenen Gegenden Deutschlands das Evangelium 
predigten und unter Entbehrungen, Mühseligkeiten und Gefahren 
Klöster und Kirchen, die Stätten christlicher Bildung, gründeten. Auf 
diese irischen Bekehrer folgte der Angelsachse Willibrord, der den Friesen 
das Christentum verkündigte und das Erzbistum Utrecht stiftete. Vor 
allen aber ragt Winfried, mit seinem geistlichen Namen Bonifaeius, 
hervor, der als der eigentliche Apostel der Deutschen und als ihr größter 
Wohlthäter zu betrachten ist. 
Bonifaeius, aus Wessex in England gebürtig, fühlte schon ftüh 
den innern Drang, den Heiden das Evangelium zu predigen, und 
begab sich deshalb (715) an die Küste von Friesland, wo Herzog 
Ratbod herrschte. Dieser Fürst war schon einmal im Begriff gewesen, 
stch taufen zu lassen. Als er schon den einen Fuß im Wasser hatte, 
siel es ihm ein, den Geistlichen zu fragen, ob seine Vorfahren im 
Himmel wären; der Geistliche verneinte es, weil ste ja Heiden gewesen 
waren. Da zog Ratbod den Fuß mit den Worten zurück: „Nun, so 
will ich auch nicht in den Himmel, sondern dahin kommen, wo meine 
Vorfahren sind." Auch Bonifaeius konnte, da die Friesen dem Christen¬ 
tum allzu feindselig waren, noch nichts ausrichten und kehrte nach 
England zurück. 
Mit einem Empfehlungsschreiben des englischen Bischofs reiste er 
(718) nach Rom, wo ihn Papst Gregor II. zu seinem Berufe bevoll¬ 
mächtigte. Drei Jahre lang arbeitete darauf Bonifaeius als Gehilfe 
Willibrords in Friesland am Werke der Heidenbekehrung; dann ging 
er nach Thüringen und Hessen und gründete im letzteren Lande das 
Kloster Amanaburg (Amöneburg). Auch genoß er hier die Freude, 
Mehrere Tausende von Heiden zu taufen. Im Jahre 723 unternahm 
er die zweite Reise nach Rom. Der Papst, der in ihm ein treffliches 
*) Siehe S. 107—108. 
S. HirtS Lesebuch für Volksschulen. Ausg. iE. II. Oberstufe. 
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