Full text: Lesebuch für die Mittel- und Oberstufe (Teil 2, [Schülerband])

”• Wunderbare Rettung von Bergleuten aus der Deutschlandgrube bei Schwientochlowitz :c. 11 
höher gelegenen Flötze waren noch 36 Bergleute lebendig begraben. Diese 
hatten gehofft, sich retten zu können, wenn man sich aus dem oberen in das 
tiefer gelegene Flötz an einem Seile herablaffe. Aber schon bei dem ersten, 
wit dem man es versuchte, riß das Seil- Es war ein Wunder Gottes, daß 
dieser Bergmann, Furgol ist sein Name, beim Sturze sich nicht beschädigte, 
und daß er nicht in eins der zahlreichen Schlammlöcher fiel. Im dunkeln 
Gange mußte er sich nun vorwärts bewegen, wobei er meist im Schlamme 
und Schmutz watete. Nun gab es aber in dem Flötze zahllose Gänge, 
welchen sollte er da einschlagen? Da zeigte sich in wunderbarer Weise, wie 
Lottes Hand ihn führte. Denn er hatte gerade den Weg gefunden und 
bann auch nicht mehr verloren, welcher ihn zu den 7 Kameraden führte. 
So waren nun in dem unteren Flötze acht Unglücksgenoffen beisammen. 
Obgleich ihnen die Stimme vor Mattigkeit versagte, sangen sie von Zeit zu 
Zeit immer wieder einen gemeinsamen Gesang, um ihren Mut zu stärken 
und ihren Aufenthaltsort anzudeuten. So harrten sie von Tage zu Tage. 
Hilfe wollte nicht kommen. Wohl hörten sie von Zeit zu Zeit über sich dumpfe 
Töne und glaubten, es nahe der Retter. Aber es war schmerzliche Täuschung. 
Sie hatten nur das Raffeln der Eisenbahnzüge, die zwischen Morgenroth 
und Schwientochlowitz dahinbrausten, gehört. Der Hunger wuchs. Die 
Armen zerkauten ihr Lederzeug, biffen in die Kohle und nagten an dem 
Holze. Von der Decke ihrer Zufluchtsstätte hingen, was bei solcher Tiefe 
äußerst selten vorkommt, einige Baumwurzeln herab- Die holte man herunter 
Um an ihnen zu saugen. Die verwundeten Füße hatten sie mit Halstüchern 
umwunden oder in die Brotbeutel gesteckt. Zum Schlafen kamen sie nicht; 
die Aufregung und Ermüdung war zu groß. 
Unterdessen hatte man in der Oberwelt von der ersten Stunde des 
Unglücks an mit der äußersten Anstrengung Rettungsversuche gemacht. 
Doch man konnte durch keinen Schacht eindringen. Überall versperrte 
oine schlammige Erdmaffe, den Zugang zu den Flötzen. Aber die Liebe 
ermattete nicht. Sie sann auf immer neue Wege. Man pumpte einen 
Schacht völlig aus. Es war das freilich eine Riesenarbeit. Man hatte sechs 
Tage, bis Donnerstag, den 26. Juni, dazu gebraucht, um zu dem Flötze zu 
gelangen, wo die acht lagen. Nach langem, langem Harren hörten sie endlich 
in der Ferne ein Pochen und Hämmern, das näher und näher kam. Wunder¬ 
bare Gottesgnade! Die Retter nahten und standen bald vor ihnen. Um 
l Uhr mittags waren alle acht glücklich zu Tage gefördert. 
Aber wo waren die anderen 35? Niemand wußte von ihnen zu er¬ 
zählen, als Furgol — ihr einstiger Gefährte. Hätte Gott diesen nicht so 
wunderbar zu den sieben geführt, so hätte niemand den Weg angeben 
können, aus dem man in den vielen Gängen des Bergwerkes sie finden konnte. 
Nach Furgols Angaben suchte man ihren Aufenthaltsort. Sie hatten inzwischen 
noch größere Qualen durchgemacht, als jene- Einer von ihnen wurde vom 
Hunger so gepeinigt, daß er daran dachte, aus der Wade zur Nahrung ein 
Stück Fleisch herauszuschneiden. Andere warteten darauf, daß eirlK sterben • ' »t 
möchte, damit dessen Leichnam die übrigen vom Hungertode errette. *n* ^ 
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