Object: Quellenbuch für den Geschichtsunterricht

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Die Verfassung des Preußischen Staates. 
Art. 51. Der König beruft die Kammern und schließt ihre Sitzungen. Er kann 
sie entweder beide zugleich oder auch nur eine auflösen.1 Es müssen aber in einem solchen 
Falle innerhalb eines Zeitraums von sechzig Tagen nach der Auflösung die Wähler und 
innerhalb eines Zeitraums von neunzig Tagen nach der Auflösung die Kammern ver¬ 
sammelt werden. 
Art. 52. Der König kann die Kammern vertagen. Ohne deren Zustimmung 
darf diese Vertagung die Frist von dreißig Tagen nicht übersteigen und während derselben 
Session nicht wiederholt werden. 
Art. 53. Die Krone ist den königlichen Hausgesetzen gemäß erblich in dem 
Mannesstamme des Königlichen Hauses nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatischen 
Linealfolge. 
Art. 54. Der König wird mit Vollendung des 18. Lebensjahres volljährig. 
Er leistet in Gegenwart der vereinigten Kammern das eidliche Gelöbnis, die Ver- 
sassung des Königreichs fest und unverbrüchlich zu halten und in Übereinstimmung mit 
derselben und den Gesetzen zu regieren. 
Art. 56. Wenn der König minderjährig oder sonst dauernd verhindert ist, selbst 
zu regieren, so übernimmt derjenige volljäbrige Agnat, welcher der Krone am nächsten 
steht, die Regentschaft. Er hat sofort die Kammern zu berufen, die in vereinigter Sitzung 
über die Notwendigkeit der Regentschaft beschließen. 
Art. 57. Ist kein volljähriger Agnat vorhanden und nicht bereits vorher gesetz¬ 
liche Fürsorge für diesen Fall getroffen, so hat das Staatsministerium die Kammern zu 
berufen, welche in vereinigter Sitzung einen Regenten erwählen. Bis zum Antritt der 
Regentschaft von seiten desselben führt das Staatsministerium die Regierung. 
Art. 58. Der Regent übt die dem Könige zustehende Gewalt in dessen Namen 
aus. Derselbe schwört nach Einrichtung der Regentschaft vor den vereinigten Kammern 
einen Eid, die Verfassung des Königreichs fest und unverbrüchlich zu halten und in 
Übereinstimmung mit derselben und den Gesetzen zu regieren. 
Bis zu dieser Eidesleistung bleibt in jedem Falle das bestehende gesamte Staats¬ 
ministerium für alle Regierungshandlungen verantwortlich. 
Art. 59. Dem Krön - Fideikommißfonds verbleibt die durch das Gesetz vom 
17. Januar 1820 auf die Einkünfte der Domänen und Forsten angewiesene Rente 
<2 500 000 Tlr.). 
Titel IV. Von den Ministern. 
Art. 60. Die Minister fowie die zu ihrer Vertretung abgeordneten Staatsbeamten 
haben Zutritt zu jeder Kammer und müssen auf ihr Verlangen zu jeder Zeit gehört werden. 
Jede Kammer kann die Gegenwart der Minister verlangen. 
Die Minister haben in einer oder der anderen Kammer nur dann Stimmrecht, 
wenn sie Mitglieder derselben sind. 
Art. 61. Die Minister können durch Beschluß einer Kammer wegen des Ver¬ 
brechens der Verfassungsverletzung, der Bestechung und des Verrats angeklagt werden. 
Über solche Anklage entscheidet der oberste Gerichtshof der Monarchie in vereinigten Senaten. 
Titel V. Von den Kammern. 
Art. 62. Die gesetzgebende Gewalt wird gemeinschaftlich durch den König 
und durch zwei Kammern ausgeübt. 
Die Übereinstimmung des Königs und beider Kammern ist zu jedem Gesetze 
erforderlich. 
1 Seit die erste Kammer, das Herrenhaus, nicht mehr aus Wahlen^ hervorgeht 
(seit 1853), kann sie nicht mehr aufgelöst werden.
	        
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