Full text: Lesebuch für Mittelklassen deutscher Volksschulen (2, [Schülerband])

XV. Veränderungen in der Natur. 
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284. Der Winter. 
Der Winter ist ein rechter Mann, kernfest und auf die 
Dauer, sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an und scheut nicht 
süß, noch sauen Er zieht sein Hemd im Freien an und läßt's 
borher nicht wärmen; er spottet über Schmerz im Zahn und 
Krahkheit in Gedärmen. Aus Blumen und aus Vogelsang 
weiß er sich nichts zu machen, haßt warmen Trank und warmen 
Klang und alle warmen Sachen. Doch wenn die Füchse bellen 
sehr, wenn's Holz im Ofen knittert, und um den Ofen Knecht 
lnd Herr die Haͤnde reibt und zittert, wenn Stein und Bein 
vor Frost zerbricht und Teich und Seen krachen: das klingt 
ihm gut, das haßt er nicht, dann will er todt sich lachen. 
Sein ESchloß von Eis liegt ganz hinaus beim Nordpol an 
dem Slrande; doch hat er auch ein Sommerhaus im lieben 
Schweizerlande. Da ist er denn bald dort, bald hier, gut Re⸗ 
giment zu führen, und wenn er durchzieht, stehen wir und sehn ihn 
ͤn und — frieren. Claudius. 
285. Winters Anlunft. 
Im weißen Pelz der Winter steht schon lange hinter der 
Thür. — Ei, guten Tag, Herr Winter, das ist nicht hubsch von 
Wir minten, du wärst wer weiß wie weit! Da kommst 
du mit einmal hereingeschneit. Nun, da du hier bist, so mags 
schon sein; aber was bringst du uns Kinderlein? „Was ich 
uch bringe, das sollt ihr wisfen. Fröhliche Weihnacht mit Aepfel 
d Nussen, und Schneeballen, wie sie fallen, und im Jänner auch 
Schneemänner.“ — Kletke. 
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286. Der erste Schnee. 
Was fliegen für weiße Vögelein da droben vom Himmel 
hernieder? Sie sind noch so jung, sie sind noch so klein und 
haben ein zartes Gefieder. Und singen können sie auch noch 
nicht, es ist ein so sülles Gewimmel, die Lerche schwebt auf 
um heitern Licht, die kommen vom düstern Himmel. Sieh 
da hat eins sich ans Fenster gesetzt, als wollt es um Einlaß 
klopfen. Nein, nein, hier würde es durchgenäßt; da würd' aus 
od ain Dopfen — Und haben sie sich eine Zeit lang 
ergötzt N ird's ihnen nimmer gefallen; sie werden, ins mur⸗ 
melnde Bachlein gesetzt, hinunter zum Flusse wallen. Und mit 
den Flusfe geht es ins Meer; dann schweben sie auf zu den Hbhen, 
Und hoch in den Wolken geht's hin und her; bald wirst du sie 
wiedersehen. Th. Winller.
	        
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