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Nach dem dithrnarsischen Landrecht hatte jedes Kirch¬
spiel sein eigenes Kirchspielsgericht. In den kleineren
Kirchspielen bestand dasselbe aus zwei, in den größeren
aus vier, im Kirchspiel Lunden, dem größten des Landes,
sogar aus sechs Personen, die den Namen „Schlüter"
führten und alljährlich neu gewählt wurden. Sie hatten
den Zehnten und die Pachtgelder für die Kirche in Em¬
pfang zu nehmen und führten die Aufsicht über das Kir¬
chengut (daher der Name „Schlüter", d. H. „Beschließer").
Vornehmlich aber hatten sie die Polizeigewalt zu hand¬
haben und über Rechtssachen zu entscheiden. Hatte z. B.
jemand eine Klage gegen einen anderen, so wandte er
sich an die Schlüter seines Kirchspiels und diese fällten
die Entscheidung. War jemand mit dem Spruche der
Schlüter nicht zufrieden, so durfte er dagegen Berufung
einlegen bei den Geschworenen des Kirchspiels. Dieses
waren zehn, in größeren Kirchspielen zwanzig Männer,
so daß also, da auch die Schlüter stets Mitglieder dieses
Gerichtshofes waren, die Geschworenengerichte aus zwölf
oder vierundzwanzig Männern bestanden. Die Geschwo¬
renen wurden ebenfalls auf je ein Jahr gewählt. Sie
bildeten aber nicht nur eine Berufungsinstanz, sondern
ihnen lag es ob, über schwerere Strasthateu und Ver¬
brechen abzuurteilen. Ihre Befugnisse waren recht weit¬
gehende; sie hatten sogar das Recht, die Todesstrafe zu
verhängen, und in diesem Falle war der jüngste der
Schlüter verpflichtet, das Henkeramt zu verwalten, denn
einen Scharfrichter gab es nicht im Lande. Aber auch
die Geschworenen bildeten noch nicht den höchsten Gerichtshof
eines Kirchspiels; dieses war vielmehr die Kirchspielsver¬
sammlung, die auf dem Kirchhofe je nach Bedarf zusam¬
mentrat, bestehend aus allen mündigen Männern über acht¬
zehn Jahre. Wollte jemand in einer Rechtssache an dieses
Kirchspielsgericht gegen den Sprnch des Geschworenen¬
gerichtes appellieren, so mußte er vorher zwei Gulden zahlen.
Gab die Versammlung ihm Unrecht, so war dieses Geld
verfallen; erhielt er aber Recht, so mußten die Schlüter je
zwei Gulden erlegen; nur die Geschworenen waren frei.