Full text: Oberstufe, Oberabteilung, (1. Klasse der Berliner Gemeindeschule) (Teil 5, [Schülerband])

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dabei. Kommen sie auch zu einem schlechten Ueister, sie sollen ja nie 
meinen, ihn zu strafen dureh schlechte Aufführung; sie thun damit nur 
sich selbst ein Leid an und schaden sich innerlich und ãusserlich. 
Wenn nun so ein Dienstbote immer besser arbeitet, immer treuer und ge- 
schickter wird, so ist das sein Eigentum, und das kann niemand von 
ihim nehmen, und dazu besitzt er einen guten Namen, die Leute haben 
ihn gern, vertrauen ihm viel an, und die Welt steht ium offen. Er mag 
vornehmen, was er will, er findet gute Leute, die ihim helfen, weil sein 
guter Name der beste Bürge für ihn ist. Nan achte doch nur daraut, 
welche Dienstboten man rühmt, die treuen oder die untreuen, gebe acht, 
welehe unter ihnen zu Ehre und Ansehen kommen. Endlich will der 
Mensch Freude haben, besonders in der Jugendaeit. Hasst nun der 
Diensthote seinen Dienst und ist ihm die Arbeit zuwider, so muss er eine 
besondere Preude suchen. Er fängt daher an zu laufen, zu schwärmen, 
sieh mit unwürdigen Sachen abzugepen und hat daran veine Freude, denkt 
Pag und Nacht daran. Ist aber einem RKnecht oder einer Magd das 
Licht aufgegangen, dass sie etwas werden möcehten, und der Glaube ge- 
Kkommen, dass sis etwas werden könnten, so lieben sie die Arbeit, haben 
Freude daran, etwas zu lernen und etwas recht zu machen, Preude, 
wenn ihnen etwas gelingt, wächst, was sie gesũt, fett wird, was sie ge- 
füttert. Sie sagen nie: was frage ieh danach? Vas geht das mich an? 
ich habe ja nichts daran. Ja, sie haben eine eigentliche Lust daran, 
etwas Ungewohntes zu verrichten, etwas Schweres zu unternehmen; da- 
durch machen sie sich die besten Namen. So haben sie auen Freude 
an des Herrn Sache, seinen Pferden, seinen Kuühen, seinem Korn, seinem 
Gras, als ob es ihnen gehörte. Woran man Preude hat, daran denkt 
man auch; wo man den Schatz hat, da hat man aueh das Herz. Hat 
nun der Dienstbote seinen Dienst im Kopfe, erfüllt ihn der Drieb, vor 
Gott und Menschen ein recht tüchtiger Mensch zu werden, so hat das 
Bõse wenig Gehalt über ihn, kann ihm nicht böse Gelüste eingeben, an 
die er Tag und Nacht denkt, so dass eêr keinen Sinn für die Arbeit hat, 
und die ihm noch von einem Laster zum andern ziehen und innerlich und 
ãusserlich verderben.“ 
Uli blieb jetzt die Antwort schuldig; aber er glaubte seinem Herrn. 
Nach einem Jahre war er aus den Schulden; im zweiten hatte er schon 
Überschuss, den er in die Sparkasse setzte, und hatte doch fortwährend 
vergnügt gelebt. Jährlich wuchs sein Vermögen; die Zinsen halfen mit, 
und sein Herr vergrölserte ihm freiwillig den Lobn bis auf das Doppelte. 
Wie Uli für den Herrn sorgte, sorgte dieser wieder für ihn, zeigte ihm 
alls Arbeiten und vertraute sie ihm an. Als nach mehreren Jahren, sich 
Gelegenheit fand, verschaffte er ihm eine gute Verwalterstelle, deren 
Dienst Uli mit Dreue versah. Reichlich 30 Jahr alt, hatte er ungefähr 
2400 Mark in der Sparkasse stehen; aber noch einen grölsern Schatz, 
einen guten Namen hatte er sieh erworben. Er konnte jetzt den Hof 
pachten, den er bisher verwaltet hatte — denn sein alter Herr ward 
Bürge für ihn. 
H. VWeber nach ler. Gotthelf.
	        
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