25 
3 
wertvoll scheinenden Dingen. Auf die Herstellung von Gold und Silber, auf 
die Zubereitung des Steins der Weisen, worunter ein Talisman gedacht 
wurde, der langes Leben und alles Glück verleihen sollte, sowie auf die 
Zusammensetzung der gleicherweise wirkenden Quintessenz*) ging die 
Alchimie aus. Es waren namentlich die fahrenden Schüler, welche diese 
Wahngebilde in Aufnahme gebracht hatten; den Großen dieser Erde aber, 
besonders den meisten Fürsten des 16. und 17. Jahrhunderts, war das 
Schicksal beschieden, dafür ihr Geld zu vergeuden. 
Neben solchen Wahnvorstellungen gedieh auch der Glaube an Geister— 
beschwörung und Zauberkünste. Die menschliche Einbildung erdichtete ganze 
Heere von Geistern, denen sie Namen verlieh und die Macht zulegte, Schätze 
zu entdecken und zu vergeben, zu welchem Zwecke sie mit unverständlichen 
Sprüchen und sinnlosen Feierlichkeiten beschworen wurden. Demgemäß war 
die Zeit auch reich an Sagen von Teufelserscheinungen und sogar von 
Teufelsgeburten in tierischen Gestalten. Bereits im Jahre 1592 ging der 
Glaube um, der Antichrist sei soeben in Babylonien geboren und thue als 
Kind schon Wunder. Es verbreiteten sich Geschichten von Brunnen, aus 
denen Blut fließe, von Blutregen, sprechenden Steinen, Wunderzeichen am 
Himmel und vom Herannahen gespenstischer Heere. 
Der Aberglaube war bei dem geringen Maße naturwissenschaftlicher 
Kenntnisse noch allenfalls entschuldbar; auch erwies er sich nur den eigentlich 
Schuldigen, Betrogenen und Betrügern verhängnisvoll. Grausamer und 
schrecklicher wirkte er in den zahllosen Hexenprozessen der umdüsterten 
Zeit. Der Hexenglaube erscheint als eine Vermischung von Überresten der 
altdeutschen Götterlehre mit dem christlichen Teufelsglauben, und der Ursprung 
der Hexen liegt in den Priesterinnen und weisen Frauen der alten Ger— 
manen. Was bei den Hexen die Zauberei ist, das ist nichts anderes als das 
einst edlere und reinere Amt der Weissagung; namentlich ist das Beschwören, 
Besprechen und Berufen der Hexen schon den weisen Frauen eigen gewesen. 
Der Kessel, worin die Hexen den Zauber sieden, ist ein altes Opfergerät, 
der Tanz der Hexen bei ihren vermeintlichen Versammlungen erinnert an den 
Tanz der Priesterinnen. Die Verbindung der Götter mit ihren Dienerinnen 
wurde zum Bunde der Hexen mit dem Teufel. Der Besen der Hexen steht 
als ein altertümliches Bild des Blitzes zum Donner in Beziehung. Als ihre 
Zeiten sind den Hexen die heiligen Zeiten und Gerichtszeiten eingeräumt: 
Ostern, Walpurgisnacht, Mittsommer u. s.w. Der Vorwurf, daß fle Pferde 
fleisch genießen, erinnert an die alten Opferschmäuse. 
Schon in den frühesten Jahrhunderten des Christentums glaubte man 
an Bündnisse mit dem Teufel und an die dadurch verliehene Macht, Menschen 
in Tiere zu verwandeln, Haustiere krank zu machen, Feldfrüchte durch Unge— 
ziefer zu vernichten u. s. w. In der Mitte des 15. Jahrhunderts verbrannte 
man in Frankreich Hexen und Zauberer in großer Zahl, ebenso in Italien; 
in Deutschland dagegen waren solche Fälle vereinzelt, bis Innocenz VIII 
durch eine Bulle das Aufspüren von Hexen in Deutschland befahl. Die mit 
*) Wörtlich: funftes Ol, fünftes Wesen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.