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wertvoll scheinenden Dingen. Auf die Herstellung von Gold und Silber, auf
die Zubereitung des Steins der Weisen, worunter ein Talisman gedacht
wurde, der langes Leben und alles Glück verleihen sollte, sowie auf die
Zusammensetzung der gleicherweise wirkenden Quintessenz*) ging die
Alchimie aus. Es waren namentlich die fahrenden Schüler, welche diese
Wahngebilde in Aufnahme gebracht hatten; den Großen dieser Erde aber,
besonders den meisten Fürsten des 16. und 17. Jahrhunderts, war das
Schicksal beschieden, dafür ihr Geld zu vergeuden.
Neben solchen Wahnvorstellungen gedieh auch der Glaube an Geister—
beschwörung und Zauberkünste. Die menschliche Einbildung erdichtete ganze
Heere von Geistern, denen sie Namen verlieh und die Macht zulegte, Schätze
zu entdecken und zu vergeben, zu welchem Zwecke sie mit unverständlichen
Sprüchen und sinnlosen Feierlichkeiten beschworen wurden. Demgemäß war
die Zeit auch reich an Sagen von Teufelserscheinungen und sogar von
Teufelsgeburten in tierischen Gestalten. Bereits im Jahre 1592 ging der
Glaube um, der Antichrist sei soeben in Babylonien geboren und thue als
Kind schon Wunder. Es verbreiteten sich Geschichten von Brunnen, aus
denen Blut fließe, von Blutregen, sprechenden Steinen, Wunderzeichen am
Himmel und vom Herannahen gespenstischer Heere.
Der Aberglaube war bei dem geringen Maße naturwissenschaftlicher
Kenntnisse noch allenfalls entschuldbar; auch erwies er sich nur den eigentlich
Schuldigen, Betrogenen und Betrügern verhängnisvoll. Grausamer und
schrecklicher wirkte er in den zahllosen Hexenprozessen der umdüsterten
Zeit. Der Hexenglaube erscheint als eine Vermischung von Überresten der
altdeutschen Götterlehre mit dem christlichen Teufelsglauben, und der Ursprung
der Hexen liegt in den Priesterinnen und weisen Frauen der alten Ger—
manen. Was bei den Hexen die Zauberei ist, das ist nichts anderes als das
einst edlere und reinere Amt der Weissagung; namentlich ist das Beschwören,
Besprechen und Berufen der Hexen schon den weisen Frauen eigen gewesen.
Der Kessel, worin die Hexen den Zauber sieden, ist ein altes Opfergerät,
der Tanz der Hexen bei ihren vermeintlichen Versammlungen erinnert an den
Tanz der Priesterinnen. Die Verbindung der Götter mit ihren Dienerinnen
wurde zum Bunde der Hexen mit dem Teufel. Der Besen der Hexen steht
als ein altertümliches Bild des Blitzes zum Donner in Beziehung. Als ihre
Zeiten sind den Hexen die heiligen Zeiten und Gerichtszeiten eingeräumt:
Ostern, Walpurgisnacht, Mittsommer u. s.w. Der Vorwurf, daß fle Pferde
fleisch genießen, erinnert an die alten Opferschmäuse.
Schon in den frühesten Jahrhunderten des Christentums glaubte man
an Bündnisse mit dem Teufel und an die dadurch verliehene Macht, Menschen
in Tiere zu verwandeln, Haustiere krank zu machen, Feldfrüchte durch Unge—
ziefer zu vernichten u. s. w. In der Mitte des 15. Jahrhunderts verbrannte
man in Frankreich Hexen und Zauberer in großer Zahl, ebenso in Italien;
in Deutschland dagegen waren solche Fälle vereinzelt, bis Innocenz VIII
durch eine Bulle das Aufspüren von Hexen in Deutschland befahl. Die mit
*) Wörtlich: funftes Ol, fünftes Wesen.