286 V. Brandenburg - Preußens wachsende Macht.
die der Krieg dem Lande geschlagen. In die verödeten Gegenden
zog er Ansiedler ans den Niederlanden und der Schweiz und be¬
günstigte den Ackerbau durch mancherlei Erleichterungen und zweck¬
mäßige Verordnungen; Handel uud Verkehr forderte'er durch Ein¬
führung der Posten, durch Anlegung von Straßen und Kanälen;
er ermunterte die Gewerbthätigkeit, die Kunst und Wissenschaft,
verbesserte die Schulen und gründete neue; — kurz, er that Alles,
was nur irgend zum leiblichen und geistigen Wohle des Volkes
beitragen konnte. Dasür hatte er aber auch die Freude, sein Land
zu einer Blüthe gedeihen zu sehen, wie es sie kaum je besessen;
und als der westfälische Friede dem langen Kriege ein Ende
machte, war Friedrich Wilhelms Ansehn bereits so gestiegen, daß
ihm eine bedeutende Gebietsvergrößerung zugestanden wurde, wie
es auch seinem Einflüsse zuzuschreiben ist, daß die Reformirten
gleiche Rechte mit den Lutheranern erhielten.
1654 legte die Königin Christine die Regierung nieder, und
ihr Vetter Karl Gustav, Pfalzgraf von Zweibrücken, bestieg als
Karl X. den schwedischen Thron. Johann Casimir von
Polen glaubte nähere Anrechte an die Krone zu haben und suchte
sie geltend zu machen. Beide Mächte bewarben sich um den Bei¬
stand Brandenburgs, und Friedrich Wilhelm konnte der Aus¬
gang des Krieges, der an Preußens Grenzen geführt werden mußte,
viel zu wenig gleichgültig sein, um ein müßiger Zuschauer bleiben
zu sollen. Zunächst rückte er mit 8000 Mann nach Preußen
und verbündete sich mit den Ständen des polnischen West-
prenßens zu gemeinsamer Vertheidigung. Da dies aber Karl
Gustav als eine Kriegserklärung ansah und den Kurfürsten in
Königsberg hart bedrängte, schloß dieser ein offenes Bündniß
mit Schweden, in welchem Friedrich Wilhelm das Herzogthum
Preußen von der schwedischen Krone zu Lehen nahm. Hierauf
rückten die Verbündeten in Polen ein und besiegten die Gegner
i656tn der dreitägigen, blutigen Schlacht bei Warschau; noch in dem¬
selben Jahre erhielt er von Schweden die Souveräne tät
Preußens zugesichert. Doch dem Kurfürsten lag wenig daran,
Schweden, das von jeher nach dem Besitze der Ostseeküste ge¬
trachtet, noch mächtiger werden zu sehen. Er trat daher jetzt
mit Polen in Unterhandlung und schloß mit ihm den Vertrag zu
1657] Wehlau (an der Mündung der Alle in den Pregel), durch
welchen auch Polen die Souveräuetät Preußens anerkannte. _ Drei
Jahre noch dauerte der Krieg fort. Dann kam es zum Frieden
i660von Oliva, in welchem der Wehlauer Vertrag von beiden Parteien
bestätigt wurde.
Wir haben gesehen, wie lebhaft sich Friedrich Wilhelm am
Kriege gegen Ludwig XIV. betheiligte, und wie dieser, um sich
den gefährlichen Gegner vom Halse zu schaffen, die Schweden auf¬
hetzte, den Kurfürsten in seinem eignen Lande zu beschäftigen.