— 15 —
Mutter: „Denk einmal, lieber Joseph, vielleicht hat
das Vöglein Junge im Neste; wie werden die auf die
Mutter warten, und nun kann sie ihnen nichts bringen; da
müssen sie verhungern!“
„Ach Mutter,“ sagte Joseph, „das hatte ich nicht be—
dacht. Nein, die armen Kleinen sollen nicht verhungern!“
— „Da, flieg“, sagte er, indem er das Fenster aufmachte,
„und such Futter für deine Kinderchen!“
21. Wie die Nachtigall ihr Singen lernte.
Als der liebe Gott die Vögel geschaffen hatte, saßen
sie alle, groß und klein, um ihn herum. Aber fast keiner
war mit dem Kleide zufrieden, das ihm der liebe Gott ge—
geben hatte.
Die Gans sprach: „Ich möchte gern grüne Beine
haben.“
Der Kuckuck sprach: „Ich möchte gern einen roten
Schwanz haben.“
Der Gimpel sprach: „Ich möchte gern eine gelbe Brust
haben.“
Der Zeisig sprach: „Ich möchte gern einen blauen
Kopf haben.“
Die Amsel sprach: „Ich möchte gern weiße Flügel
haben.“
Die Lerche sprach: „Ich möchte gern rot und grün
und gelb aussehen.“
Und so hatte jeder Vogel etwas zu wünschen.
Nur die Nachtigall saß still dort und freute sich über
ihr graues Kleid und war damit ganz zufrieden.
Das gefiel dem lieben Gott. Deshalb sprach er zu
der Nachtigall: „Weil du so zufrieden bist, sollst du auch
der Liebling der Menschen werden. Jetzt geh auf Reisen
und besuche alle Singvögel, die ich geschaffen habe, und
horche auf ihre schönsten Lieder. Und aus den vielen