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2. Am andern Tage gingen sie wieder ins Feld; da sprach der gierige
Wolf abermals: „Rotfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich freffe dich
selber auf!“ Da antwortete der Fuchs: Ich weiß ein Bauernhaus, da
bäckt die Frau heute abend Pfannkuchen; wir wollen uns davon holen.“
Sie gingen hin, und der Fuchs schlich ums Haus herum, guckte und
schnupperte so lange, bis er ausfindig machte, wo die Schüssel stand, zog
dann sechs Pfannkuchen herab und brachte sie dem Wolfe. „Da hast du
zu fressen“, sprach er zu ihm und ging seiner Wege. Der Wolf hatte die
Pfannkuchen in einem Augenblick hinuntergeschluckt und sprach: „Sie
schmecken nach mehr“, ging hin und riß geradezu die ganze Schüssel her⸗
unter, daß sie in Stücke zersprang. Da gab's einen gewaltigen Lärm,
daß die Frau herauskam, und als sie den Wolf sah, rief sie die Leute.
Die eilten herbei und schlugen ihn, was das Zeug halten wollte, daß er
mit zwei lahmen Beinen laut heulend zum Fuchs in den Wald hinaus
kam. „Was hast du mich garstig angeführt!“ rief er, „die Bauern haben
mich erwischt und mir die Haut gegerbt.“ Der Fuchs aber antwortete:
„Warum bist du so ein Nimmersatt!“
3. Am dritten Tage, als sie beisammen draußen waren, und der Wolf
mit Mühe nur forthinkte, sprach er doch wieder; „Rotfuchs, schaff mir
was zu fressen, oder ich fresse dich selber auf!“ Der Fuchs antwortete:
„Ich weiß einen Mann, der hat geschlachtet, und das gesalzene Fleisch
liegt in einem Faß im Keller, das wollen wir holen.“ Sprach der Wolf:
„Aber ich will gleich mitgehen, damit du mir hilfst, wenn ich nicht fort
kann.“ — „Meinetwegen“, sagte der Fuchs und zeigte ihm die Schliche
und Wege, auf denen sie endlich in den Keller gelangten. Da war nun
Fleisch im Überfluß, und der Wolf machte sich gleich daran und dachte;
„Bis ich aufhöre, hat's Zeit.“ Der Fuchs ließ sichss auch gut schmecken,
lief aber oft zu dem Loche, durch das sie gekommen waren, und versuchte,
ob sein Leib noch schmal genug wäre, durchzuschlüpfen. Sprach der Wolf:
„Lieber Fuchs, sag mir, warum rennst du so hin und her und springst
hinaus und herein?“ „Ich muß doch sehen, ob niemand kommt,“ ant—
wortete der Listige, „friß nur nicht zuviell“ Da sagte der Wolf Ich
gehe nicht eher fort, als bis das Faß leer ist.“ Indem kam der Bauer,
der den Lärm von des Fuchses Sprüngen gehört hatte, in den Keller.
Der Fuchs, wie er ihn sah, war mit einem Satze zum Loche draußen.
Der Wolf wollte nach, aber er hatte sich so dick gefressen, daß er nicht
mehr durch konnte, sondern steckenblieb. Da kam der Bauer mit einem
Knüppel und schlug ihn tot. Der Fuchs aber sprang in den Wald und
war froh, daß er den alten Nimmersatt los war.
Jakob und Wilhelm Grimm.