343
Trotz des Glanzes, den wir sonst um diese Zeit mehr denn je bei
Hofe finden, bewahrte Luise ihre Einfachheit und die stillen Tugenden
der Häuslichkeit. Sie verschmähte die französische Mode, die zu dieser
Zeit maßgebend war, und verunzierte nicht nach damaliger Zeit ihr An—
gesicht mit Schönheitspflästerchen; sie war eine schlichte und doch im
wahren Sinne des Wortes eine fürstliche Frau.
Die Kurfürstin Luise Henriette besaß ein gläubig frommes Gemüt.
Jeden Tag begann sie mit einer Morgenandacht, an der die Prinzen und
die Dienerschaft teilnahmen; außerdem hatte sie täglich eine stille Gebets—
stunde, wo sie mit Gott redete und ihm alles sagte, was ihr Herz bewegte.
Ihr frommer Sinn bekundete sich auch dadurch, daß sie selbst ein An—
dachtsbuch herausgab. Die ihr zugeschriebenen geistlichen Lieder, z. B.
das bekannte „Jesus, meine Zuversicht“, sollen nicht von ihr, sondern
von O. von Schwerin, dem Erzieher ihrer Kinder, herrühren.
Es war dieser herrlichen Frau nicht beschieden, eine lange Reihe von
Jahren segensreich wirken zu können. Die öfteren und weiten Reisen,
die um jene Zeit so beschwerlich waren, hatten frühzeitig ihre Gesundheit
untergraben; längere Zeit litt sie an einem Brustübel. Sie reiste zwar
nach Holland, um dort Genesung zu finden, aber umsonst; schwer krank
kehrte sie zurück und starb bald danach in ihrem vierzigsten Lebensjahre
am 18. Juni 1667. Der Kurfürst kniete an ihrem Lager, ihre Hände
ruhten in den seinen. Er betete mit seiner sterbenden Gemahlin, und
unter diesen Gebeten hauchte sie ihre edle Seele aus. Der Jammer ihres
Gatten und des ganzen Volkes war unsäglich groß; ihr Begräbnis war
ein Trauertag im ganzen Lande.
Nach Kanlmann u. a. (Mittenzwey, Frauengestalten.)
201. Die Krönung des ersten Königs von Preußen.
1. Kurfürst Friedrich III. hatte mit dem deutschen Kaiser einen
Vertrag geschlossen, nach dem er den Titel eines Königs annehmen durfte.
Die Krönung sollte in Königsberg, der Hauptstadt des vom Kaiser
unabhängigen Herzogtums Preußen, stattfinden.
Am 17. Dezember 1700 erfolgte der Aufbruch nach Königsberg.
Nach zwölftägiger Reise langte der Kurfürst in Begleitung seiner Gemahlin
und seines Hofstaates daselbst an. Zwei Wochen waren erforderlich, um
die Vorbereitungen zu den Krönungsfeierlichkeiten zu treffen. Viele Hände
regten sich; denn der Kurfürst wollte zur Feier seiner Krönung eine Pracht
entfalten, von der noch Kinder und Kindeskinder reden sollten.