Contents: Deutsches Lesebuch für die mittleren Klassen von Gymnasien und Realschulen

14 5. Kurzweiliger Zweikampf zweier Hasenlierzen. 
der Band, statt der reichbesteinten Kränze die lichten, guten 
Helme, dieweil wir der Kriemhilde argen Sinn erkannt. Statt 
der seidenen Hemden sollt Ihr Panzerhemden und statt 
der reichen Mäntel weite Schilde tragen, damit, wenn jemand 
mit Euch zürnt, Ihr wehrhaft seid. Denn heute müssen wir 
streiten, das sei Euch gesagt!“ 
So gingen die Fürsten und ihre Mannen nach dem Münster 
auf den heiligen Friedhof. Dort hiess sie der kühne Hagen 
stillstehen, damit sie sich nicht trennten. „Denn niemand 
weiss noch,“ sprach er, „was uns von den Hunnen geschieht.“ 
Nun kam der Wirth des Landes und sein schönes Weib; mit 
reichem Gewände war sie angethan, und viele schnelle Recken 
zogen mit ihr daher, so dass es hoch aufstäubte. Als nun 
Etzel die Könige und ihr Gesinde so gewaffnet sah, sprach er 
eilends: „Warum seh’ ich meine Freunde unter Helmen ein¬ 
hergehen? Bei meiner Treu, es sollte mir leid sein, so jemand 
ihnen etwas gethan hätte. Ich will es gern sühnen, auf welche 
Weise es ihnen nur immer gut däucht, wenn ihnen jemand 
Herz und Muth beschwert hat. Sie sollen inne werden, dass 
es mir höchlich leid ist, und was sie mir gebieten, dazu bin 
ich ihnen .bereit.“ Aber der übermüthige Hagen gedachte 
keineswegos den Schutz des Königs wider die Tücke seines 
Weibes anzurufen; darum gab er ihm die Antwort: „Uns bat 
niemand etwas gethan. Es ist die Sitte meiner Herren, dass 
sie bei allen hohen Festen drei volle« Tage gewaffnet gehen.“ 
Kriemhilde hörte gar wohl, was Hagen sprach; auch kannte 
sie die Sitten der Burgunder, und wusste, dass dem nicht so 
sei; aber sie schwieg klüglich dazu still, sah dem kecken 
Hagen recht feindlich unter die Augen und ging mit ihrem 
zahlreichen Gefolge in den Münster. Aber die Burgunden- 
helden wichen von ihnen auch nicht zwei Hände breit, so 
dass gin starkes Gedränge entstand, was die Hunnenrecken 
mächtig verdross. Doch mussten sie’s geschehen lassen, denn 
keiner durft’ es vor dem hehren Könige wagen, den Gästen 
in Worten oder Thaten übel zu begegnen. 
5. Kurzweiliger Zweikampf zweier Hasenherzen. 
Jetzt kam zum König Gilbald und seiner Gemahlin die freu¬ 
dige Botschaft, daß ihre geliebte Tochter Florigunde von dem 
Drachenstein erlöst und auf der Heimreise mit dem kühnen Ritter 
Siegfried nicht mehr weit entfernt sei. Der König ließ deswegen
	        
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