Full text: (Für das 2. und 3. Schuljahr) (Teil 1, [Schülerband])

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4. Der Pfennig dagegen sollte weit in der Welt herumreisen 
und zu hohen Ehren kommen, und das geschah also. Zuerst be— 
kam ihn der Münzbursche als Lohn; der brachte ihn nach Hause, 
und weil sein kleines Schwesterchen an dem blanken Stück grobe 
Freude hatte, schenkte er ihm den Pfennig. 
5. Das Kind sprang damit in den Garten, um ihn der Mutter 
zu zeigen. Da hinkte ein armer, kranker Bettler heran, der bat 
um ein Stückchen Brot. „Ich hab' keins,“ sprach das Mädchen. 
„So gib mir einen Pfennig, daß ich mir ein Brot dafür kaufel“ 
sagte der Bettler. Und das Kind gab ihm den Pfennig. 
6. Der Bettler hinkte zum Bäcker. Als er eben beim Laden 
stand, kam ein alter Bekannter, als Pilger gekleidet, mit Mantel, 
Stab und Tasche die Strabe daher und gab den RKindern, die an 
dem Bãckerladen standen, schöne Bilder von heiligen und frommen 
Männern, wofür die Kinder Geld in die Büchse warfen, die er 
in der Hand hielt. Der Bettler fragte: „Wohin geht die Reise?“ 
Der Pilger sprach: „Viele hundert Meilen weit nach der Stadt 
Jerusalem, wo das liebe Christkindlein gewandelt hat und ge 
storben ist. Dort will ich an seinem Grabe beten und meinen 
Bruder loskaufen, der von den Türken gefangen ist. Dazu sammle 
ich erst noch Geld in dieser Büchse.“ — „So nimm auch mein 
Scherflein dazul“ sprach der Bettler, gab dem Pilger den Pfennig 
und wollte hungrig, wie er gekommen war, auch wieder weggehen. 
Aber der Bäcker, der alles mit angesehen hatte, schenkte dem 
armen Manne das Brot, das er hatte kaufen wollen. 
7. Nun wandelte der Pilger durch viele Länder und fuhr zu 
Schiff weit übers Meer nach der großen Stadt Jerusalem. Als 
er dort angekommen war, betete er zuerst an dem Grabe des 
Christkindleins und ging dann zu dem türkischen Sultan, der 
seinen armen Bruder gefangen hielt. Er bot dem Sultan eine grobe 
Summe Geldes, wenn er den Gefangenen freigäbe. Der aber wollte 
noch viel mehr haben. Der Pilger sprach: „Dann kann ich dür 
weiter nichts mehr anbieten als diesen Kupferpfennig, den mir 
ein armer, hungriger Bettler aus Barmherzigkeit gegeben hat. So 
sei auch du barmherzig wie er, und das Kupferstück wird es 
dir vergelten!“ Da erbarmte sich der Sultan, gab den Gefangenen 
frei und empfing von dem Pilger den Pfennig. 
8. Der Sultan steckte das Kupferstück in seine Tasche. Nach 
einiger Zeit aber dachte er nicht mehr daran. Da geschah es, 
dab der Kaiser nach der Stadt Jerusalem kam und mit dem Sultan 
Krieg führte. Dieser schlug sich tapfer herum und ward aueh nie 
verwundet. Einmal aber ward ein Pfeil gerade auf seine Brust
	        
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