fullscreen: Augsburger Lesebuch für die siebente Volksschulklasse

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ezzea 94. Der Löwe. 
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mutigen Wächtern der Herden nach kurzer Gegenwehr die Flucht 
ergreifen. Einem Leoparden würde es kaum besser ergangen sein. 
Es wird stiller und ruhiger, der Lärm verstummt, der Frieden der 
Nacht senkt sich auf das Lager herab. Weib und Kind des Herden— 
besitzers haben in dem einen Zelte die Ruhe gesucht und gefunden. 
Die Männer haben ihre letzten Geschäfte abgetan und wenden sich 
ebenfalls ihrem Lager zu. Von den nächsten Bäumen herab spinnen 
die stufenschwänzigen Ziegenmelker ihren Nachtgesang oder tragen 
fliegend ihre Federschleppe durch die Lüfte, nähern sich oft und 
gern der Seriba und huschen wie Geister über die schlafende Herde 
hinweg. Sonst ist alles still und ruhig. Selbst die kläffenden Hunde 
sind verstummt, nicht aber auch lässig oder schlaff geworden in ihrem 
treuen Dienste. 
Urplötzlich scheint die Erde zu dröhnen: in nächster Nähe brüllt 
der Löwe! Jetzt bewährt er seinen Namen „Essed“, d. i. der Auf— 
ruhrerregende; denn ein wirklicher Aufruhr und die größte Bestürzung 
zeigt sich in der Seriba. Die Schafe rennen wie unsinnig gegen die 
Dornhecken an, die Ziegen schreien laut, die Rinder rotten sich mit 
lautem Angstgestöhn zu wirren Haufen zusammen, das Kamel sucht, 
weil es gern entfliehen möchte, alle Fesseln zu zersprengen und die 
mutigen Hunde, welche Leoparden und Hyänen bekämpften, heulen 
laut und kläglich und flüchten sich jammernd in den Schutz ihres 
Herrn, welcher selbst rat⸗ und tatlos, an seiner eigenen Stärke zwei⸗ 
felnd, in seinem Zelte zittert und nicht wagt, nur mit seiner Lanze 
bewaffnet, einem so furchtbaren Feinde gegenüberzutreten. 
Mit gewaltigem Satze überspringt der Mächtige die Dornen— 
mauer um sich ein Opfer auszuwählen. Ein einziger Schlag seiner 
furchtbaren Pranken fällt ein zweijähriges Rind, das kräflige Gebiß 
zerbricht dem widerstandslosen Tiere die Wirbelknochen des Halses. 
Dumpfgrollend liegt der Räuber auf seiner Beute, die lebhaften 
Augen funkeln hell vor Siegeslust und Raubbegier, mit dem Schwanze 
peitscht er die Luft. Er läßt das verendende Tier auf Augenblicke 
los und faßt es mit seinem zermalmenden Gebisse von neuem, bis 
es sich endlich nicht mehr regt. Dann tritt er seinen Rückzug an. Er 
muß zurück über die hohe Umzäunung und will auch seine Beute 
nicht lassen. Seine ganze ungeheure Kraft ist erforderlich um mit 
dem Rinde im Rachen den Rücksprung auszuführen. Aber er 
gelingt. Ich selbst habe eine fast drei Meter hohe Seriba gesehen, 
über welche der Löwe mit einem zweijährigen Rinde im Rachen 
hinweggesetzt war. 
Unbeschreiblich ist die Wirkung, welche des Königs Stimme 
unter seinen Untertanen hervorruft. Die heulende Hyäne ver— 
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