Full text: [Teil 2 = Mittel- und Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Mittel- und Oberstufe, [Schülerband])

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Da kamen zum Küchenfenster zwei weiße Täubchen herein und da⸗ 
nach die Turteltäubchen, und endlich schwirrten und schwärmten 
alle Vögel unter dem Himmel herein und ließen sich um die Asche 
nieder. Und die Täubchen nickten mit ihren Köpfchen und fingen 
an pick, pick, pick, pick, und da fingen die übrigen auch an pick, pick, 
pick, pick und lasen alle guten Körner in die Schüsseln. Und ehe 
eine halbe Stunde herum war, waren sie schon fertig und flogen 
alle wieder hinaus. Da trug das Mädchen die Schüsseln zu der 
Stiefmutter, freute sich und glaubte, nun dürfte es mit auf die 
Hochzeit gehen. Aber sie sprach: „Es hilft dir alles nichts, du 
kommst nicht mit, denn du hast keine Kleider und kannst nicht tan— 
zen; wir müßten uns deiner schämen.“ Darauf kehrte sie ihm den 
Rücken zu und eilte mit ihren zwei stolzen Töchtern fort. 
Wie Aschenbrödel doch zur Hochzeit ging. 
Als nun niemand mehr daheim war, ging Aschenbrödel zu 
seiner Mutter Grab unter den Haselbaum und rief: 
„Bäumchen, rüttle dich und schüttle dich, 
wirf Gold und Silber über mich!“ 
Da warf ihm der Vogel ein golden und silbern Kleid herunter und 
mit Seide und Silber ausgestickte Pantoffel. In aller Eile zog 
es das Kleid an und ging zur Hochzeit. Seine Schwestern aber 
und die Stiefmutter kannten es nicht und meinten, es müsse eine 
fremde Königstochter sein, so schön sah es in dem goldenen Kleide 
aus. An Aschenbrödel dachten sie gar nicht und meinten, es säße 
daheim im Schmutz und suchte die Linsen aus der Asche. Der 
Königssohn kam ihm entgegen, nahm es bei der Hand und tanzte 
mit ihm. Er wollte auch sonst mit niemand tanzen, also daß er 
ihm die Hand nicht losließ, und wenn ein anderer kam, es auf— 
zufordern, sprach er: „Das ist meine Tänzerin.“ 
Es tanzte, bis es Abend war, da wollte es nach Haus gehen. 
Der Königssohn aber sprach: „Ich gehe mit und begleite dich“; 
denn er wollte sehen, wem das schöne Mädchen angehörte. Sie 
entwischte ihm aber und sprang in das Taubenhaus. Nun wartete 
der Königssohn, bis der Vater kam, und sagte ihm, das fremde 
Mädchen wäre in das Taubenhaus gesprungen. Der Alte dachte: 
Sollte es Aschenbrödel sein? Und sie mußten ihm Axt und Hacke 
bringen, damit er das Taubenhaus entzweischlagen konnte; aber 
es war niemand darin. Und als sie ins Haus kamen, lag Aschen— 
hrödel in seinen schmutzigen Kleidern in der Asche, und ein trübes 
Ollämpchen brannte im Schornstein; denn Aschenbrödel war ge— 
Lesebuch für Mittel- und Oberstufe. Rh.
	        
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