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"Weisst, wo der Weg zur Armuth geht? Sieh’ nur nach Wirths¬
haus-Schildern hin! Geh’ nicht vorbei, ’s gibt guten Wein und na¬
gelneue Karten drin!
Im letzten Wirthshaus hängt ein Sack, und wenn du fortgehst,
hang’ ihn an! Du alter Lump, wie steht dir nicht der Bettelsack
so zierlich an!
Und ein Holzbecher ist darin. Gib Acht, dass er sich nicht
verlier’, und kommst du an ein Wasser hin, und hast dann Durst,
so schöpfe dir!
Wo geht dry Weg zu Fried’ und Ehr’, der Weg zum frohen
Alter hin? Grad’ vor sich hin in Massigkeit, in Recht und Pflicht
mit stillem Sinn.
Und kommt ein Kreuzweg, weisst du nicht, ob rechts geht oder
links der Pfad, halt’ still, frag dein Gewissen erst, ’s kann deutsch,
Gott Lob! — und folg’ dem Rath! —
Wo mag der Weg zum Kirchhof sein? Was fragst noch lang?
Geh’ wo und wie. Zum stillen Grab im kühlen Grund’ führt jeder
Weg, man fehlt ihn nie.
Doch wandle du in Gottesfurcht! Ich rath’ dir, was ich rathen
kann. Geheimen Eingang hat das Grab, und jenseits grenzt noch
manches dran. xach neben
* 38. Lebensregeln.
- 3-S-fi. Willst leben froh und in die Läng’, leb in der Jugend
hart und streng, geniesse alles, doch mit Mass, und was dir schlecht
bekommt, das lass.
Mit Milch fängst du dein Leben an; mit Wein kannst du es
wohl beschliessen; doch fängst du mit dem Ende an, so wird das
Ende dich verdriessen.
Die Luft, Mensch, ist dein Element; du lebest nicht von ihr
getrennt; drum täglich in das Freie geh und, besser noch, auf
Berges Höh’!
Das zweite ist das Wasserreich ; es reinigt dich und stärkt zugleich;
drum wasche täglich deinen Leib und bade oft zum Zeitvertreib!
Audi ist das Wasser bester Trank; er macht fürwahr dein Leben
lang; er kühlt und reiniget dein Blut und gibt dir frischen Lebensmuth.
Dein Tisch sei stets einfacher Art, sei Kraft mit Wohlge¬
schmack gepaart; mischst du zusammen vielerlei, so wird’s für dich
ein Hexenbrei.
Iss massig stets und ohne Hast, dass du nie fühlst des Magens Last;
geniess es auch mit frohem Muth, so gibt’s dir ein gesundes Blut.
Befieiss’ge dich der Reinlichkeit; Luft, Wäsche, Bett sei oft
erneut; denn Schmuz verdirbt nicht bloss das Blut, auch deiner
Seel’ er Schaden thut.
Willst schlafen ruhig und complett, nimm keine Sorgen mit in’s
Bett, auch nicht des vollen Magens Tracht, und geh’ zur-Ruh’
vor Mitternacht.
Schlaf ist des Menschen Pfianzenzeit, wo Nahrung, Wachsthum
bass gedeiht, tvnd selbst die Seel’, vom Tag verwirrt, hier gleich¬
sam neu geboren wird.
Schläfst du zu wenig, wirst du matt, wirst magej; und des Le¬
bens satt; schläfst du zu lang und kehrst es um, so wirst du fett,
ja wohl auch dumm.
Willst immer froh und heiter sein, arbeite, bet’, vertraue Gott,