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buche an schönen Märchen sich erbaut, da werden trübe wohl
die blanken AÄuglein; es senkt der Kopf mit seinen vollen
Locken sich auf die runden Ärmchen stille nieder. Doch spricht
die Mutter dann: „Kind, geh zu Bett!“ schnell springt es auf,
lehnt sich an seine Eltern, schmiegt sich mit seinen roten, warmen
Wangen noch einmal fest und innig an sie an, sagt gute Nacht
und fragt ganz leise noch zu guter Letzt so recht aus Herzens—
grunde: „Bist mir auch gut, lieb Vater, liebe Mutter?“ und kann
nicht eher ruhn, als bis die Eltern ihm den erbetenen Segen zu—
gesichert. Dann aber springt es seinem Bettchen zu und schlummert
süß bis an den lichten Morgen. Robert Reinick.
136. Abendgebet.
Der Tag ist nun vergangen,
die Nacht hat angefangen;
mein Gott, ich bitte dich:
Laß mich nun ohne Sorgen
sanft schlafen bis zum Morgen,
behüte und beschirme mich! Amen.
Julius Sturm.
137. Mle ein Lindesherz sein s0ll.
Ein Rindesberz soll sein
wie die Lailie so rein,
wie der Tau so Klar,
wio der Spiegel so wahr,
wie der Quell so frisch,
wie die Vöglein im Gebũsehb
— e
als flög' es den Engeln gleich
zu Gottes Thbron ins Himmelreich.
EH. Rletke.
138. Des Kindes Engel.
1. Es geht durch alle Lande
ein Engel still umher.
Kein Auge kann ihn sehen,
doch alles siehet er.
Der Himmel ist sein Vaterland,
vom lieben Gott ist er gesandt.