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man das Löffelkraut als Salat, frisch vom Stengel gebrochen, und es 
hat alsdann einen minder unangenehmen Geschmack. Der Skorbut, 
gegen welchen dieses Kraut ein so vortreffliches Gegenmittel ist, gehört 
zu den schmerzhaftesten Krankheiten. Nässe, Kälte, der Genuß schlechter, 
verdorbener Nahrungsmittel und Mangel an Bewegung sind wohl die 
Hauptursachen derselben, daher werden die Bewohner der Polargegenden 
am meisten davon heimgesucht, weil sich hier diese Ursachen vereinigt 
finden. Auch ans weiten Seereisen hatten die Matrosen sonst viel da¬ 
von zu leiden. Diese Krankheit äußert sich zuerst in einer verdrie߬ 
lichen Gemütsstimmung durch Trägheit und Mattigkeit in allen Gliedern. 
• Dann entstehen Geschwüre am Zahnfleische, die sich bei der geringsten 
Berührung öffnen und heftig bluten. Die Zähne fallen nach und nach 
dabei aus und die Geschwüre verbreiten sich über den Körper, so daß 
ganze Glieder davon ergriffen werden; dabei wird die Erschlaffung des 
Körpers immer größer und die Schmerzen nehmen so sehr zu, daß 
der Leidende sich nur den Tod wünscht, der ihn von seinen furchtbaren 
Qualen befreie. 
Von den Haustieren ist nur noch der Hund übrig geblieben, den 
aber die Kälte auch umgebildet zu haben scheint; dies sonst so muntere 
und gelehrige Tier ist hier so dumm, daß es nicht zur Jagd gebraucht 
werden kann, auch bellt er nicht mehr, sondern muckst und heult nur 
x noch. Von andern viersüßigen Tieren findet man den Fuchs und den 
Eisbär. 
Auch aus den sonst alles ertragenden Körper des Menschen scheint 
das ertötende Klima Einfluß gehabt zu haben. Der Grönländer wird 
selten größer als 1,6 Meter, dagegen ist er fleischig und gleichsam mit 
einer Fetthülle umgeben, wodurch er die Kälte des Klimas eher ver¬ 
tragen kann, so daß er sich oft der Luft mit bloßem Kopse und Halse 
aussetzt; ja im ihren Häusern sitzen sie fast unbekleidet, ihre Aus¬ 
dünstungen sind aber so stark, daß es der Europäer vor Wärme nicht 
lauge bei ihnen aushalten kann. Die Natur begabte den Grönländer 
mit einem außerordentlich starken Verdauungsvermögen. Er genießt 
natürlich nur Fleischspeisen, es ist ihm aber einerlei, ob sie frisch oder 
verdorben, rein oder unrein sind. Er ißt den Kops und die Schenkel 
des thranigen Seehundes, nachdem diese im Winter unter dem Schnee 
verwahrt und im Frühjahr wieder aufgetaut sind, in einem halbver¬ 
moderten Zustande. Leckerbissen sind für ihn: ein halbverfanlter Wal¬ 
fischschwanz, frische, faule und halb ausgebrütete Eier in einen Sack 
von Seehundsfellen geschüttet und mit Thran vermischt. Außer Wasser 
trinkt er auch gern Thran, und wenn auch nicht in vollen Bechern, 
doch als Leckerei. — Die Kleidung des Grönländers besteht gewöhnlich 
in einem Pelze von den Fellen der Seevöget oder der Renntiere, die 
Haare gegen die Haut gekehrt; hierüber tragen sie ein großes Kleid 
von Seehundssellen. Beinkleider, Schuhe und Strümpfe sind gleichfalls 
aus Seehuudsfelleu. Im Sommer wohnt der Grönländer in Zelten,
	        
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