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weißer Schmetterling mit etlichen Flecken auf den Flügeln.
Derselbe legt seine Eier unter die Blätter, daß sie nicht
naß werden vom Regen und Tau. Die Eier aber kleben
mit dem offenen Ende am Blatte; und wenn nun das
Junge darin erwacht und heraus will, so findet es den
Ausgang versperrt, zwar nicht mit Eisen und Holz, sondern
nur mit seinem Futter, das ihm so gut mundet wie
unsereinem Rosinen und Mandeln. Und wenn es sich
durchgefressen hat, streckt es sein Köpflein ein paarmal
in die Höhe und weidet dann fort zur Rechten oder
Linken, wie es will. Der Vater im Himmel macht es
mit dem kleinen Würmlein, als schlösset ihr ein Knäblein
oder Mägdlein in eine stille Kammer, davon die Tür
ein Pfefferkuchen ist, und sprächet dann zu ihm: „Jetzt
schlaf, und wenn du aufwachst und willst zu uns heraus
in den Sonnenschein, so mußt du dich durch den Honig—
kuchen durchessen!“ So aber Gott für ein Würmlein
also sorget, das heute noch lebt und morgen dem
Sperlinge zur Speise dienet, sollte er das nicht vielmehr
uns tun?
77. Ward ein Blͤmchen mir geschenket.
1. Ward ein Blümchen mir geschenket, hab's gepflanzt
und hab's getränket; Vögel, kommt und gebet acht! Gelt,
ich hab' es recht gemacht?
2. Sonne, laß mein Blümchen sprießen! Wolke,
komm, es zu begießen! Richt empor dein Angesicht! Liebes
Blümchen, fürcht dich nicht!
3. Sonne ließ mein Blümchen sprießen, Wolke kam,
es zu begießen; jedes hat sich brav gemüht, und mein
liebes Blümchen blüht.
4. Wie's vor lauter Freuden weinet, freut sich, daß
die Sonne scheinet! Schmetterlinge, fliegt herbei, sagt ihm
doch, wie schön es sei!