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gehend zu einem Lehn des deutschen Kaisers Heinrichs III. machten.
Auch nachdem Ungarn wieder unabhängig geworden war, hörten die
Thronkämpfe nicht auf, welche Magnaten und Geistlichkeit benutzten,
um sich in den Besitz großer Verfassungsrechte und Privilegien zu
setzen. Die Cultur seines Bodens verdankte Ungarn vornehmlich dem
Fleiße deutscher Kolonisten, die am zahlreichsten in Siebenbürgen
saßen, wo sie zäh an ihrem Dentschthnm festgehalten haben.
Nach dem Aussterben der arpadischen Dynastie 1301 wurde
Ungarn ein Wahlreich. Die Herrschaft erhielt Ludwig d. Große
1342—1382 aus dem Hause Anjou, der auch König von Polen war.
Dieser tüchtige Herrscher, welcher Ungarns Glanzzeit geschaffen hat,
dehnte die Grenzen des Reiches bis an das schwarze und adriatische
Meer aus, verbesserte das Gerichtswesen, errichtete Bildungsanstalten
und hob die Bodencultur (Weinbau um Tokay). Nach seinem Tode
begannen die Kämpfe um die Krone von Neuem, worauf Ungarn an
Ludwigs Schwiegersohn, den Kaiser Sigismund und dann an Al¬
brecht II. kam. Nachdem dessen Sohn Ladislaus Posthumus
gegen die Türken gefallen war, beanspruchte Kaiser Friedrich III.
die Thronfolge in Ungarn, konnte sie aber nicht erlangen. Die Un¬
garn wählten den Matthias Corvinus 1458 1490, den Sohn
des tapfern Türkenfeindes Hnnyad, zu ihrem Könige. Glückliche
Kriege gegen die Osmanen, Verbesserung des Kriegswesens durch
Errichtung einer stehenden Infanterie, Sorge für die Bildung des
Volkes (Herbeiziehung fremder Gelehrten, Gründung der Universität
in Ofen) sowie für Ackerbau und Gewerbe füllen ruhmvoll die lange
Regierung des „gerechten" Königs aus. Unter feinen Nachfolgern
begann Ungarns Fall. Die Anmaßung der Magnaten stieg, während
die Türken immer erfolgreicher ihre Einfälle machten. Nach König
Ludwigs II. Tode in der Schlacht bei Mohacs 1526, wodurch die
Hälfte von Ungarn in die Hände der Mohammedaner fiel, kam das
mit Böhmen vereinigte Ungarn an den Erzherzog Ferdinand (später
Kaiser Ferdinand I>), den Gemahl von Ludwigs II. Schwester Anna^j
5. Die osmantfchen Türken. Als 1258 das Ehalisemeich
der Seldschukken von den Mongolen mit der Eroberung Bagdads
gestürzt worden war, gründete eine Türkenschaar, die unter der Füh¬
rung Osmans vom Osten des kaspischen Meeres auswanderte, in
Kleinasien eine Herrschaft 1300. Seit 1321 dehnten die osma -
Nischen Türken ihre Streifzüge bis nach Europa aus. Mur ad I.