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Ist das Wetter zu schlecht, so verstopft das Eichhörnchen die Thür
seines Nestes, rollt sich zusammen und schläft oder liegt wenigstens still.
Es kommt dann wohl mehrere Tage lang nicht zum Vorschein; scheint
die Sonne wieder, so macht es selbst im Winter eine Turnfahrt. Wenn
dann die Bäume ohne Laub stehen, hat es sich aber auch am meisten
vor seinen Feinden zu hüten. Es droht ihm bei Tage der Bussard, bei
Nacht die Eule. Sein schlimmster Verfolger ist der Baummarder, der
mindestens ebenso flink klettert wie es selbst Es sucht sich dann gewöhn⸗
lich dadurch zu retten, daß es blitzschnell rings um den Stamm läuft.
Im Frühlinge, gerade wenn die meisten andern Waldtiere Überfluß
an Speise haben, findet das Eichkätzchen nur wenig für sich. Es muß
sich dann mit Nadelholzsamen, Knospen und Rinde begnügen. Viel⸗
leicht ist die Not dann auch schuld, daß das sonst so harmlose, lustige
Tierchen zum blutgierigen Räuber wird. Es spürt in dem Gezweige
nach den Nestern der Vögel, verzehrt die Eier, die es in denselben ent⸗
deckt, auch die piependen Jungen; ja wie eine Katze springt es selbst nach
der singenden alten Drossel, würgt und verspeist sie Traue ihm ja
nicht zu viel; seine Zähne beißen scharf, und dein Finger ist nicht so
hart wie die Schale einer Nuß! Ganz jung eingefangen, wird das
muntere Tierchen dagegen zutraulich und zahm und ergötzt dich, wenn
du ihm einen großen Kasten mit Springhölzern zur Wohnung ange⸗
wiesen hast, mit lustigen Sprüngen und einem drolligen Wesen.
Hermann Wagner.
221. Leb wohl, du schöner Wald!
1. So scheiden wir mit Sang und Klang:
„Leb wohl, du schöner Wald
mit deinem kühlen Schatten,
mit deinen grünen Matten,
du süßer Aufenthalt!“
2. Wir singen auf dem Heimweg noch
ein Lied der Dankbarkeit:
„Lad' ein, wie heut') uns wieder
auf Laubesduft und Lieder
zur schönen Maienzeit!“
3. Schaut hin! Von fern noch hört's der Wald
in seiner Abendruh;
die Wipfel möcht' er neigen,
er rauschet mit den Zweigen.
„Lebt wohl!“ ruft er uns zu.
TD
Heinrich Soffmann von Fallersleben.
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