190 —
schen, Kunstfleiß und Handel heranzieht. Keine größeren Gegensätze kann es
geben, als die paradiesische Gegend um den Genezareth und die unfruchtbare
Einöde um das Todte Meer.
Obgleich der Jordan und einige kleinere Flüsse sich in das Todte Meer
ergießen, ohne daß dieses einen Abfluß hat, wächst es doch nicht; die Verdam—
pfung schafft alles zuströmende Wasser fort. Denn die Luft über dem See ist
um soviel wärmer, da die Oberfläche desselben gegen 300 Meter unter dem
Spiegel des nahen Mittelmeeres liegt
In der Mitte der Westküste des Sees ist die Einsenkung Engaddi,
deren Höhle durch Davids Edelmuth gegen Saul berühmt ist. Hier scheinen die
Weinberge gewesen zu sein, welche Salomo besingt, und die Burg und der Pal—
menhain. Es ist eine Dase wie Jericho
4. Das Land westlich vom Jordan wird zumeist durch einen großen Berg⸗
bezirk gebildet, der als eine Fortsehung des Libanon betrachlet werden kann und
etwa 17 Meilen breit ist. Er erstreckt sich von Dan bis Berseba; jenes
liegt dem Libanon am nächsten, dieses am südlichen Eingang, wo Abraham und
Jsaak Brunnen gegraben hatten. Die Juden theilten diesen Bezirk ein in Ga⸗
liläa, Samaria und Judäa. Das erstere ist ein Bergland mit den herr—
lichsten Grastriften, zum Theil auch vortrefflich zum Kornbau, namentlich an dem
östlichen und dem westlichen Abhange. Verbindung mit dem Meere hat es durch
Akre, ehemals Akko, einen der besten, vielleicht den besten Hafen an der Küste
dieses Landes, welcher auch stets zu den wichtigsten Klegonternehmungen in
jener Gegend benutzt ward. Von dort aus steigt man im Thale des Flusses
Kison aufwärts und gelangt nach einer halben Tagereise an die erste Stufe des
Hochlandes. Dann windet sich der Weg zu fruchtbaren und waldreichen Thälern
hinauf, bis man endlich nach Nazareth gelangt, das jetzt ein Dorf auf einem
öden Kalkfelsen ist. Von da führt der Weg weiter nach Kana, Turon und Tibe—
rias oder nördlich nach Kapernaum. Dieser Weg war besonders dadurch
wichtig, daß Galiläg auf ihm nicht bloß seine Zufuhr vom Meere erhielt, sondern
daß der berühmteste Karavanenweg von Dam askus hierüber führte; dadurch
war Kapernaum eine wichtige Zollstelle.
Um von Galiläa nach dem südlich daran grenzenden Samaria zu gelan⸗
gen, muß man erst von der Hochebene Jesreel nieder- und dann zu Sama⸗—
rias Bergstadt emporsteigen. Das Land ist bergig, hat Hochebenen, wenig flie⸗
ßendes Wasser, aber häufige Regenschauer, gute Brunnen, kein undankbares Erd⸗
ich; es trugt Kornarten, ist reich an Früchten, voll von Grastriften, und das
Rindvieh giebt ungewöhnlich viel Milch. Die Stadt Samaria, welche nach der
Theilung des Juüdischen Reiches die Hauptstadt des Reiches Israel wurde, war
zugleich eine bedeutende Festung. Nicht weit von hier liegt das alte Sichem,
schon von der Zeit der Patriarchen an berühmt. Die Gegend umher gehört zu
den lieblichsten fruchtbarsten und am besien angebauten in ganz Palästina,
bwechselnd mit Bergen und Thälern, reich an Brunnen und Quellen, mit ein
räglichem Boden, reichlichem Regen, gesunder Luftkühle. Diese herrliche Land—
schaft erstreckt sich bis in die Nähe von Jerusalem. Kaum igend ein Winkel
eines Thales ist hier unbenutzt; alles ist bevölkert. An den steilsten Felsenwän⸗
ben steigen Mauerterrassen empor, welche von Feigen, Oelbäumen und reichen
Weingärten von oben bis unten beschattet werden. Die Felder sind mit Baum
wolle, Hirse, Hülsenfrüchten, Flachs und Korn besetzt — Von allen Seite