Object: Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit (Bd. 1)

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Fünftes Stück: Was kommt nun? Welche Wirkung übte 
der Handel auf das Volk aus? 
Darbietung: Man freute sich über die bequeme Art, seiner 
Sünden ledig zu werden. Es wurde gezecht, gespielt und getanzt. 
Ja, manche reiche Leute nahmen sich wohl gar vor, ihre Schlechtigkeit, 
die ihnen Lust bereitet hatte, zu wiederholen und dann von neuem 
Sündenvergebung zu kaufen. Ein Mann aus jener Zeit schreibt 
darüber*): „Es kam bei der verschwenderischen Austeilung des Ab¬ 
lasses nichts heraus, als daß das Volk die Strafe der Sünden 
fürchten, fliehen und scheuen lernte, nicht aber so die Sünde selbst. 
Darum war wenig Frucht vom Ablaß zu spüren, wohl aber große 
Sicherheit und Frechheit im Sündigen." 
Besprechung: Weise den verderblichen Einfluß des 
Handels an dem Treiben der Landsknechte nach! 
„Die festen Gesellen waren erst als Söldner des Kaisers nach 
Welschland gezogen, hatten sich dort mit Italienern, Spaniern und 
Schweizern gerauft und geschlagen und waren zu reicher Beute ge¬ 
kommen, weil sie gar tief in die Geldkassen italienischer Fürsten ge¬ 
griffen hatten. Nun führten sie schwere Goldstücke im Seckel und 
trugen goldene Ritterketten am Halse." Aber im Geheimen beunruhigte 
sie ihr Gewissen wegen des unehrlichen Erwerbes dieser Güter. Da 
gingen sie zu Tetzel, und dieser erteilte ihnen für ein schönes Goldstück 
Ablaß vollauf, ja, wie man raunte, sogar einen geheimen Segen, der 
sie unverwundbar mache gegen Hieb und Stich. Nun fühlten sie sich 
nicht allein schuldlos, sondern auch gefeit gegen Gefahren des Kampfes. 
Mit Macht erwache die alte Begehrlichkeit und listige Wildheit. Dem 
Bauer stahlen sie das Vieh aus dein Stalle und die Früchte vom 
Felde, den Bürger plagten sie um Almosen und erpreßten Geld von 
ihm. Im übrigen fluchten, spielten, schlemmten und praßten sie. 
So mürben bie wilden Leute frecher und sicherer im Sündigen. 
(Aufsatz.)**) 
Sechstes Stück: (Ergänzung.) Nun merdet ihr noch missen 
wollen, mie die verderb liche Lehre vom Ablaß entstanden mar. 
Zu Zeiten des Bonisazius mußte man vom Ablaß noch nichts. 
Wie strafte man da kirchliche Vergehen? Durch strenge Bußwerke, 
z. B. durch Ausschluß vom Gottesdienste, Bußübung am Eingänge der 
Kirche, Wallfahrten. Eine Milderung der Strafe trat nur ein, wenn 
ber Büßenbe wirklich Reue und Leib über feine Sünbe zeigte. 
Solche Kirchenstrafen verhängten bie Päpste auch im angehenben 
Mittelalter. Ist euch ein Beispiel bekannt? 
Heinrich IV. unternahm eine mühsame Reise nach Italien, staub 
3 Tage im Büßergemande barfuß vor dem Schlosse zu Eauossa, legte 
ein reumütiges Schuldbekenntnis ab, flehte den Papst um Gnade an 
*) Luther. 
**) Hierbei sann auch des schlauen Ritters Hacke von Stülpe gedacht werden.
	        
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