Full text: [Teil 2 = 4. und 5. Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 2 = 4. und 5. Schuljahr, [Schülerband])

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Landsberg und erschien am 22. April in der Frühe vor Bernau. 
Die wohlhabende Stadt mit ihrem berühmten Bier hatte die 
Hussiten angezogen, und sie gedachten, sich ihrer im 8turm 
zu bemächtigen. Doch die Bürger waren auf ihrer Hut. 
Die Furcht vor den herannahenden Feinden hatte viele 
Landbewohner in die Stadt getrieben, und diese Flüchtlinge 
brachten die Schreckenskunde mit: die Hussiten kommen. Alles, 
was Waffen tragen konnte, machte sich zum Empfang der un— 
gebetenen, gefürchteten Gäste bereit. Wohl 1200 waffenfãhige 
Männer, die Fremden mit eingerechnet, konnte Bernau stellen. 
Die Tore wurden eiligst verrammelt, die Verteidigungstürme und 
Mauern mit wehrhaften Männern besetzt. So erwartete man 
den Feind. 
Auf dem roten Felde, östlich von der Stadt, hatten die 
Hussiten ihr Lager aufgeschlagen. Von hier rückten sie an 
und nahmen besonders das Mühlen- und Steintor (jetzt Königs- 
tor) aufs Korn. Es waren wilde Gestalten, deren Kriegsgeheul 
die Luft erschütterte. Viele waren in Bärenhäute und Schaf- 
felle gekleidet. Das Haar hing wild aufgelöst unter Eisen- 
kappen oder Pelzmũtzen herunter, die mit Hahnenfedern, Fluügeln, 
Pfauenfedern usw. besetzt waren. Nasenschienen und Ohren- 
klappen gaben den Gesichtern ein schreckhaftes Aussehen. Als 
Waffen fielen besonders die geradegebogenen Sensen und die 
mit Stacheln besetzten Dreschflegel auf. 
Zunãchst traten Pfeil und Bogen in Tãtigkeit; bald aber 
wurden Sturmleitern herbeigeschafft und an die Mauer gelegt. 
Wie die RKatzen klimmten die wilden Gesellen hinauf und be— 
eilten sich, die Mauer zu ersteigen. Doch so weit kam's nicht. 
Gar manche Leiter wurde durch herabgeworfene Steine zer- 
trümmert und brach mit den Emporsteigenden zusammen. Die- 
jenigen, die den Rand der Mauer erreichten, wurden mit 
wuchtigen Schlägen empfangen und zurückgeworfen. Doch das 
wichtigste Verteidigungsmittel der Bernauer war der heiße Brei. 
Kinder und Frauen, sowie alle, die nicht mit der Waffe in der 
Hand kämpfen konnten, schleppten in Töpfen und krügen, 
Bütten und Kesseln aus den vielen Brauhäusern der Stadt 
heiße Biertreber, Seihe, Schlempe, kochendes Wasser an die 
Mauer. Hier gelangten die Gefäße mit ihrem heiben Inhalt, 
von Hand zu Hand gehend, bis oben hinauf und wurden den 
Sturmlãäufern auf die Köpfe gegossen. Das war wirksamer als
	        
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