280. stolumbus, der Entdecker Amerikas.
245
leute schienen darauf hinzuweisen, daß im Westen Land zu finden sei. Man
habe, hieß es, zuweilen ungewöhnlich großes Schilfrohr, künstlich bearbeitetes
Holz, ja einmal sogar zwei Leichname von ganz eigentümlicher Körperbildung
von Westen her übers Meer schwimmen und ans Land treiben sehen. Es
wurde daher der feurigste Wunsch des Kolumbus, eine Entdeckungsfahrt nach
Westen hin zu unternehmen. Zuerst machte er seiner Vaterstadt Genua das
Anerbieten und verlangte einige Schiffe. Allein man erwiderte ihm: „Du bist
ein Träumer“, und wies ihn ab. Hierauf wandte er sich an den König von
Portugal; doch ebenfalls umsonst. Nun ging er nach Spanien; aber auch hier
dauerte es acht lange Jahre, bis der beharrliche Mann mit seinem Vorhaben
durchdrang. Endlich gab ihm die Regierung im Jahre 1492 drei kleine Schiffe
und 90 Mann, um die große Reise anzutreten.
2. Voll kühnen Mutes fuhr nun Kolumbus ins wilde, unbekannte Meer
hinaus. Der Wind blies günstig, und pfeilschnell flogen die Schiffe dahin. Aber
wo fand sich das gesuchte Land Sechzig Tage hatte die Fahrt schon gedauert,
und noch immer sah man nichts, als die unendliche Wasserwüste ringsum und
darüber die weite Himmelsdecke. Da ergriff Angst auch die Beherztesten unter
den Schiffsleuten. „Was soll aus uns werden?“ fragten sie zitternd. „Er führt
Uns in den gewissen Untergang.“ Nur Kolumbus verlor keinen Augenblick den
Mun Sew getrost“, rief er den Verzagten zu; „bald ist das Ziel erreicht.“
Und unermüdet stand er Tag und Nacht auf dem Verdeck und beobachtete und
leitete alles Aber endlich versagte ihm die verzweifelnde Mannschaft den Gehor—
sam. In wilder Wut stürzen die Matrosen auf ihn los und drohen ihn über
Vord zu werfen, wenn er nicht alsbald umkehre. „Nur drei Tage noch for—
dere ich“, erwiderte Kolumbus; „sehen wir dann kein Land, so fahren wir heim—
wärts.“ Das nahmen die Empörten an. Und siehe, schon am folgenden Tage
erreichte das Senkblei den Meeresgrund; Rohr und ein Baumast mit roten Bee—
ren schwammen auf sie zu, und Landvögel flogen auf die Masten. Die Sonne
ging unter; noch sah man nichts. Doch ließ Kolumbus die Segel einreffen, um
nicht etwa bei Racht auf Klippen getrieben zu werden. Gegen Mitternacht
erblickte man ein Licht in der Ferne. „Land, Land!“ erscholl es jetzt aus
seder Brust; man stürzte einander in die Arme, alle weinten vor Freude und
baten knieend den Kolumbus um Verzeihung. Als der Morgen anbrach —
8 war am 70sten Tage nach der Afaͤhrt — sahen sie eine schöne grüne
Insel vor sich legen.
3. Mit Sonnenaufgang ruderten sie nun unter kriegerischer Musik ans
Land; Kolumbus, eine Fahne in der einen Hand, einen Degen in der andern,
war der erste, der die neue Welt betrat. Nachdem er mit der ganzen Mann—
schaft Gon auf den Knieen gedankt, nahm er die Insel feierlich für den König
von Spanien in Besitz. Die Inselbewohner, welche von allen Seiten am Ufer
Nsammengeströmt waren, betrachteten mit Erstaunen die weißen Männer, ihre
Kleidung, Schiffe und Waffen. Niemals hatten sie solcherlei gesehen. Sie selbst
waren nackt, von kupferroter Hautfarbe; viele trugen als Zierat Goldbleche in
Nase und Ohren. Ihre Insel nannten sie Guanahani; Kolumbus aber gab
ihr den Namen San Salvador del Erlöserinsel. Nach kurzem Verweilen
setzte er dann seine Entdeckungsfahrt weiter fort und fand die großen Inseln