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Vom Bau der Erdrinde.
Erdrevolutionen annimmt, als allein diejenigen, die sich aus einem
Urbrande der Erdrinde und aus der allmähligen Abkühlung der Tem-
peratur von selbst herleiten lassen. Von diesem sinnreichen Systeme
mag hier ein kurzer Ueberblick stehen.
Vor unzubereckmender Zeit befand sich der Erdball in glühendem ge¬
schmolzenen Zustande, bei einer Temperatur von wahrscheinlich 2000
Graden. Die mit Wasserdampf und verflüchtigten Substanzen gesättigte At¬
mosphäre, viel dichter und schwerer als jetzt, war in heftiger Bewegung und um
so stärker ebbete und flutete die geschmolzene Masse, bis sie nach viel tausend
Jahren so weit erkühlte, daß sie an der Oberfläche krystallinisch und
äußerst uneben zu erstarren begann. Die mit dem Starrwerden ver¬
bundene Ausdehnung verursachte zugleich zahllose Risse und Spalten.
Nunmehr erfolgten — was vor einer Abkühlung bis auf 400° Celsius
nicht möglich war — die ersten Niederschläge aus der Atmosphäre,
und zwar als siedend heiße Regeuströme, die alles Tiefere unter Wasser setzten
und somit die Zeit a. 'ahnten, wo die aufgelösten festem Bestandtheile des heißen
Meeres (und es mochte deren im Verhältniß zum jetzigen Wasser wie 30 zu 100
enthalten) sich zum Theil absetzen und erhärten konnten. So bildeten sich
urschiefrige Ablagerungen. Doch mußten durch die zahllosen Spalten
der noch dünnen Erdrinde häufig von unten her geschmolzene Massen hervor¬
drängen, die theils die Oberfläche veränderten, theils viele Risse, sowohl im
ersten krystallinischen Fels selber als in dem Schiefergestein, als Gänge aus¬
füllten. Was indessen unterm Wasser erkühlte, nahm andere Structur an, als
das frühere an der Luft, und anders bei einer minder heißen Temperatur als
bei der früheren fünf- bis achtfach stärkeren.
Gleicherweis schlugen sich später die Felsarten der Gr an wallen gruppe
als neptunisches Product nieder, und wurden ebenfalls wieder vulkanisch von
geschmolzener Masse durchbrochen und aufgerichtet; und da die Temperatur end¬
lich unter den Siedepunkt sank, so konnte nunmehr auch die Schöpfung orga¬
nischer Gebilde, mehrerer zu ungeheuren Waldungen sich verbreitenden
Gewächse und niederer Thierarten beginnen.
Große Zeiträume waren erforderlich zu solchen Veränderungen; tausende von
Jahren mochten wiederum verlaufen, bevor aus Zusammenlagerung abgestorbener
Pflanzen, bei häufig wiederkehrender vulkanischer Erschütterung, öfterer Hebung,
Senkung und Ueberschwemmung kleinerer und größerer Landstriche, sich die
Kohlenflötze ablagerten, endlich auch eierlegende Vierfüßler und zuletzt
höhere Thiergattungen, Vögel u. a. geschaffen wurden.
Allmählig hörte das Ablagern größerer fester Gesteine oder Tertiärgebirge
auf, während Luft und Wasser sich mehr ihrer jetzigen Beschaffenheit näherten;
allein auch die Erdrinde nahm nur allmählig nach Innen zu, und wenn selbst
ihre gegenwärtige Dicke auf 8 Meilen*) berechnet wird, so mußte sie damals
*) Da man in verschiedenen Bergwerken ein Zunehmen der Temperatur
um 1° Cels. bei einer Tiefe von 120 bis 200 Fuß beobachtet hat, so würde