Full text: Lesebuch für die Mittelklassen katholischer Volksschulen

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2. Und die Sternlein gingen zum lieben Mond in der Nacht, 
und sie sprachen: „Du, der auf Wolhen mront in der Nacht, 
laß uns wandeln mit dür, denn dein miülder Schein, 
er verbrennt uns nimmen die Augelein · 
Und er nahm sie, Gesellen der Nacht. 
3. Nun Villkommen, Sternlein und lieber Mond, in der Nacht! 
Ihr versteht, Va still in dem Herzen vohnt in dor Nacht. 
Kommt und zündet die himmlischen Lichter an, 
daß ĩeh lustig mitschwärmen und Spielen Lann 
in den freundlichen Spielen der Nacht! 
130. Der Fuchs und der Hahn. 
Ein hungriger Fuchs hörte in einer kalten Winternacht einen 
Hahn auf einem Baume krähen. Ihn gelüstete nach dem Schreier; 
da er aber nicht auf den Baum steigen konnte, besann er sich auf 
eine List. 
„Ei, Hahn,“ rief er hinauf, „wie kannst du nur in dieser 
kalten Nacht so schön singen?“ „Ich verkündige den Tag,“ ant⸗ 
wortete der Hahn. „Was, den Tag?“ rief der Fuchs und stellte 
sich sehr verwundert, „es ist ja noch finstere Nacht!“ „Ei, weißt 
du denn nicht,“ antwortete der Hahn, „daß wir den Tag schon im 
voraus fühlen und seine Nähe durch unsere Stimme verkündigen?“ 
„Das ist ja etwas Göttliches,“ rief der Fuchs, „das können 
nur Propheten! O Hahn, wie schön sangst du eben!“ Der Hahn 
krähte zum zweiten Male, und der Fuͤchs fing an, unter dem 
Baume zu tanzen. „Warum tanzest du denn? fragte der Hahn. 
Der Fuchs antwortete. „Du singst, und ich tanze vor Freuden. 
Dein schoöͤner Gesang ermuntert mich dazu. Wahrlich, unter den 
Vögeln bist du der erste! Du übertriffst fie alle durch dein schönes 
Gefieder, durch deinen herrlichen Gesang und dadurch, daß du die 
Zukunft zu verkündigen vermagst. O komm herunter, bester der 
Vögel, damit ich dich umarmen und küssen kann!“ 
Dem Hahn gefiel das Lob des Schmeichlers so wohl, daß er 
wirklich vom Baume herabflog und auf den Fuchs zukam. Aber da 
faßte ihn der Räuber und rief lachend: „Nein, nein, Hahn, du 
bist kein Prophet, sonst hättest du auch gemerkt, daß ich dich nicht 
küssen, sondern nuur fressen wollte!“ Damit biß er ihm den Kopf 
vom Rumpf und verzehrte den Toren. 
Höre keinen Schmeichler an! Seine Rede gefällt dir vielleicht, 
stürzt dich aber sicher ins Verderben.
	        
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