Full text: [Unterstufe, [Schülerband]] (Unterstufe, [Schülerband])

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46. Das Glöcklein auf dem Turme. 
Im Dorfe steht das Kirchlein mit dem schlanken, 
spitzen Kirchturme. Hoch oben auf dem Turme aber hängt 
das Glöcklein und schaut zu den Guckläden überallhin in die 
Gegend hinaus. 
Einmal nun hatte das Büblein lange am Turme hinauf— 
gesehen und durch die offenen Guckläden das Glöcklein von 
allen Seiten betrachtet. Dann aber lief es eilig nach Hause 
und sagte zur Mutter: „Was tut denn das Glöcklein immer— 
fort auf dem Kirchturme droben? Sag doch, Mutter! Nach 
wem schaut es denn? und warum ruft es so oft: Bim — bam; 
kling — klang; bumm — bumm?“ 
2. Die Mutter aber sprach: „Ja, freilich, das ist eine 
eigne Geschichte mit dem Glöcklein, und ich will sie dir wohl 
erzählen, wenn du genau aufmerkst, mein Kind.“ Da setzte 
sich das Kind mäuschenstill an die Seite der Mutter, wäh⸗ 
rend diese folgendes erzählte: „Das Glöcklein hängt keines— 
wegs müßig auf dem Turme; Tag und Nacht hat es seine 
Beschäftigung. Morgens früh, wenn der Hahn kaum gekräht 
hat, muß es die Leute vom Schlafe erwecken, damit sie an 
das Morgengebet ermahnt werden und die Arbeit nicht ver— 
säumen. Darum ruft es mit freundlicher Stimme ins Dorf 
hinein: 
„Kling — klang! 
Aufstehen und beten gehen, 
dann die Arbeit froh versehen; 
kling — klang!“ 
3. Und wer dem Glöcklein freudig gehorcht, dem wird den 
Tag über jede Arbeit leicht. Gottes Segen begleitet ihn, und 
er ist froh gelaunt bei all seinem Tun. Kaum weiß er, wie 
die Zeit dahineilt, und ehe er noch daran denkt, ist schon die 
Mittagsstunde da. Laut ruft jetzt das Glöcklein wieder: 
„Kling — kllang! 
Geh zu Tisch; 
mit Brot und Fisch 
tut der Herr die Seinen speisen; 
wollt ihn preisen! 
Kling — klang!“ 
4. Und kommt der Abend, so schaut das Glöcklein sich 
um. Es sieht nach, ob noch ein Arbeiter in Feld und Wald 
Neue Magdeburger Unterstufe von 1909. 
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