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„Kurios!“ sagte die Frau, „was doch der Graf für eine Absicht
damit haben mag? Um das Ding blob so zu unserer Lust zu be-
brachten, das kann's wohl nicht sein. Denn da dürften wir doch
aueh wohl hineinschauen. wo es sonder Zweifel noeh viel schöner
ist als von außen.“ „Lab das Geschwätz!“ sagte der Mann. „Seü's,
was es sei. du rühr's mal nicht an!“ Und mit diesen Morten ging
er vom Tisch undh legte sich auf das Polster. Die Schüssel wurde
wieder unberührt abgetragen. Bei all dieser Herrlichkeit war es
kein Wunder, dab der Holzhacker seine Arbeit vergab und den
Adam und das: Ei so beibl und er war vollkommen zufrieden mit
Gott und seinem gnädigen Herrn.
3. Die Frau aber konnte fast die ganze folgende Nacht nicht
schlafen. Die Schüssel ging ibhr immer im Kopfe herum, und sie
träumte, es sei darin weib Gotb was Wunderschönes enthalten; es
deuchte ihr, als sei sie mit lauterm Gold und kostbarem Edelgestein
ausgelegt, und ein grober, reiner Kristall funkelte dazwischen, aus
dessen Spiegel ihr die ganze Zukunft in die Seele leuehtete. Als
daher mittags die verbotene Schüssel wieder auf den Tisch kam,
so konnte sie ihr Gelüste nicht mehr verschweigen. Sie erzählte
ihrem Manne zuerst den Traum und schilderte dieé Kostbarkeiten,
die sie gesehen. Dann meinte sie, Sehen koste ja nichts, und
es sei keine Gefahr dabei, da sie niemand bemerkte. Dann sagte
sie, es solle nichts berührt oder gar genommen werden; nur in den
Kristall wolle sie schauen und die Zukunft darin lesen. Der Mann
schüttelte anfangs den Kopf und sagte nein. Als sie aber wie—
derum von neuem ansfing und nieht aufbörte zu bitten und zu
betteln: nur ein wenig den Deckel zu heben, um wenigstens zu
sehen, ob was drinnen sei; da, nachdem er sich vorher äberall
umhergesehen, ob niemand sie belauschte, gab er ihr nach und sagte:
„Ins Kuckucks Namen! so lug, damit ich Ruhe habe.“ Sie lupfte
den Deckel, und sieh dal — ein Mäuslein sprang heraus und davon
und ins nächste Loch hinein.
4. Die beiden Leute sahen einander ganz erschrocken an. Und
wie sie noch stumm und still, wie leblos, dasaben, kam der Graf
herbei und fragte sie, was sie hätten. „Nichts!“ sagte die Frau
zitternd. Der Herr, wohl merkend, was geschehen. hob den Deckel
auf und sagte dann: „Also habt ihr mein Verbot nicht geachtet?“
„Mein Weib dal“ sagte zornig der Mann. „Dein Weib,“ versetzte
der Herr, „ist eine Eva. und du bist ein Adam. Lüuüsternheit hat