343
von Reue erfaßt und wollte sich selbst in die Fluten stürzen. Herbei—
gekommene Dienstleute des Grafen hinderten sie hieran und brachten
sie in Gewahrsam. Das Kind aber fand man am dritten Tage tot
auf dem Wasser schwimmen, noch mit blühendem Gesicht, die Arme
ausgestreckt, daß der Leib die Form des Kreuzes darstellte. Dies
deutete man auf besondere Heiligkeit des Kindes. Graf Ernst
ließ sich deshalb bestimmen, über dem Grabe des Kindes eine
Kapelle zu erbauen, die bald darauf der Bischof Humbert von
Würzburg einweihte. Viele Gläubige wallfahrteten nun zu der
Stelle, wo die Gebeine der Heiligen in einem silbernen Sarg ruhten.
Vierhundert Jahre später, als zwar die Kapelle, nicht aber das
Andenken an die Heilige verschwunden war, erhob sich an dieser Stelle
1227 eine neue, stattliche Kirche, zu Ehren der hl. Regiswindis ge—
stiftet. Daneben baute man später eine neue, schöne Kapelle, die
bis auf den heutigen Tag die Regiswindiskapelle genannt wird, und
in der sich der Sarg der Heiligen befindet.
4. Auch im Liede lebt die fromme Sage fort. Mehrere schwä—
bische Dichter haben sie verherrlicht, vor allen Justinus Kerner, der
die Trauer des Vaterherzens um das verlorene Kind in die ergreifen—
den Worte gekleidet hat:
Es sah Herr Ernst von hoher Burg, sah in den grünen Grund;
sie brachten tot sein süßes Kind, auf Rosen man es fund.
Es blüht wie eine Rose rot, wie eine Lilie weiß;
er legt's in einen güldnen Sarg, bestattet es mit Fleiß.
Manch Mutter kniet mit ihrem Kind auf Regiswindens Gruft,
doch wenn Herr Ernst, ihr Vater, kam, entstieg ihr Rosenduft.
Nach Leonhard Korth.
279. Ein Besuch im Salzbergwerk Heilbronn.
Wir beginnen unsern Rundgang mit dem Eintritt in den Förder—
turm. Eine Grubenlampe wird angezündet. Mit dem Obersteiger
betreten wir eines der Fahrgestelle. Die Türe zu demselben schließt sich,
ein Glockenzeichen ertönt, und — hinab geht's mit Windesschnelle in
die gähnende Tiefe. Da dringt uns plötzlich freundlicher Lichtschein
entgegen; wir spüren durch einen leichten Ruck, daß wir unser Ziel
erreicht haben. Wir verlassen den Korb, der uns trug, und fühlen