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Mosesstein (Erdpechstein) Rosenkränze, Kruzifixe und andere
Andachtsgegenstande, die in Jerusalem feilgeboten und von den
Pilgern in die ganze Welt hinaus verbreitet werden.
Uns zieht es nach dem östlichen Punkte der Stadt. Hier
bleibt der Stern unseres Glaubens stehen wie einst der Stern
der Weisen. Da weist er uns die tief im Felsenschrein geborgene
Wiege des Heilands, die Wiege des Christentums, unserer ganzen
Religion und Kultur, die Stätte, von der wir als Kinder geträumt
haben. Wir sind am Ziele. Zwei stattliche Kirchen und drei
Klöster erheben sich auf dem äubersten Felsensitz. Wir betreten
die Geburtskirche; man zündet uns Lichter an, und auf vielen
Stusen steigen wir hinab in die tief gelegenen finstern Felsen—
gänge mit Kapellen, Gräbern und Grotten. Noch ein finsterer,
enger Gang, dann kommt — tritt ehrfürchtig auf, hier ist heiliger
Boden! — eine gröbere Felsengrotte, vom gedämpften Licht der
Silberlampen geheimnisvoll erhellt, ganz mit rotem Seidendamast
ausgeschlagen, s(2 m lang, 4m breit, 3 m hoch. An ihrem Ost-
ende steht ein Altärchen; unter der Altarplatte liegt am Boden
eine weibe Marmortafel, beständig bestrahlt von fünszehn silbernen
Lämpohen. In die Tafel ist eingelassen ein silberner Stern und
die Umschrift: „Hier wurde aus Maria, der Jungfrau, Jesus
Christus geboren.“ Wie dieses „Hier“ die Seele erfabt und, über—
wältigt und den Körper auf die Kniee zwingt! Nächst Golgatha
und dem Grabesfelsen ist das der Erde heiligste Stätte.
Aber es heibt sich losreißben. Auf ungeräumtem, steinigem
Pfad tragen uns die schrittsichern Pferde den Hügel hinab, auf
dem die Geburtskirehe thront. Vir lassen das Dorf der Hirten und
die Grotteé der Hirten mit den Fluren, über denen das Gloria
erklungen, rechts und durchziehen die Gefilde, über welche wohl
einst Ruth Ahren lesend dahinschritt und auf welchen der kleine
David seine Herden hütete und gegen die wilden Tiere verteidigte,
die aus der Wüste Raubzüge hierher unternahmen.
Paul Wilhelm v. Keppler.
330. Der Deutsche Kaiser in Jerusalem.
1. Am 341. Oktober 1898 wurde die neu erbaute evangelische
Erlöserkirehe in Jerusalem eingeweiht. Besondern Glanz verlieh
diesem Feste die Teilnabme des Deutschen Raisers und seiner