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121. Glück der Kindheit.
Zu stehn in frommer Eltern Pflege,
welch schöner Segen für ein Kind!
Ihm sind gebahnt die rechten Wege,
die vielen schwer zu finden sind.
Ludwig Uhland.
122. Die geflickte Hose.
In unserer Schule war ein Knabe von armen Eltern. Der
trug eine Hose, die war so vielfarbig geflickt, daß wir alle unsern
tollen Spaß daran hatten. Und immer, wenn man glaubte, jetzt
sei es zu Ende, jetzt komme endlich eine neue Hose, dann saß
plötzlich wieder ein großer, brauner Flecken drauf, und alle die kleinen
Flecken ringsumher schienen mit neuem Mut in die Zukunft zu
sehen, so wie in einem verzweifelten Volke, wenn plötzlich ein
großer und tapferer Staatsmann die Zügel ergreift. Nach der Heim—
kehr von den Ferien war es unser festlichstes Vergnügen im Schul—
hof, Müllers Hose zu besichtigen, und großes Gelächter hörte man
erschallen, wenn sie inzwischen noch bunter geworden war.
Wie schäme ich mich heute dieses Gelächters! Es war ja nicht
bös gemeint, aber so unendlich dumm und gedankenlos. Wir sahen
nur die bunten Flecken, aber nicht das, wovon sie erzählten: eine
ganze Welt von sorgender Mutterliebe, durchwachte Nachtstunden
und gewiß auch viele Tränen darüber, daß die ganze mühsame
Flickerei doch nur etwas zustande brachte, worüber der Sohn in der
Schule ausgelacht wurde. Mit welcher ärmlichen Geldsumme mußte
die Mutter wohl den ganzen Haushalt bestreiten, und wie ängstlich
mag sie genäht haben, damit die Hose noch ins neue Jahr
hinein halte! Wieviel tausendmal mehr wert war diese Hose als
das schönste und modernste Beinkleid mit seinen tadellosen Falten!
Habt ihr einmal davon gehört, daß man heute oft Hunderttausende
von Mark bezahlt für Gemälde von alten Meistern, die oft noch
gar nicht richtig zeichnen konnten, aber dafür so viel Liebe und An—
dacht in ihre Bilder legten, daß man noch heute nach vielen Jahr—
hunderten ganz warm und innig davon berührt wird? Nun,
Müllers geflickte Hose war auch so ein Kunstwerk, und ich würde
heute viel Geld dafür geben, wenn sie zum Verkauf ausgeboten würde.
An der Tafel würde ich sie aufhängen wie eine Wandkarte und
euch mit dem Kartenstock die wunderbare Findigkeit der Mutterliebe