32
legte es sich hin, nahm beide auf den Rücken und trug sie zur nächsten
Hütte, wo sie Hilfe fanden.
Torfstich und Viehzucht sind fast die einzigen Erwerbsquellen der
Vennbewohner, soweit sie nicht in den Fabriken der benachbarten Städte
z tätig sind. Die Dörfer bestehen meist aus einzelnen Höfen, die weithin
zerstreut liegen und in ihrer Bauweise der Witterung angepaßt sind Die
Dächer der einstöckigen Häuser reichen an der nordwestlichen Seite fast bis
zur Erde, und um jedes Gehöft ist zum Schutze gegen die Schneestürme
eine dichte Hecke von Hainbuchen gezogen. Weite Strecken werden jetzt mit
10 Bäumen bepflanzt, um das Klima zu mildern und den Boden auszunutzen.
Das Hohe Venn entbehrt jedoch nicht völlig jeder landschaftlichen
Schönheit und Pracht. Steht das Heidekraut in Blüte, dann verschönt
ein rötlicher Farbenton die Landschaft, und wenn die Sonne sich senkt,
erstrahlt die weite Heide im roten Glanze, und herrlich glänzen die Wasser—
15 tümpel. Eine Reise über das Hochland an solch linden Sommerabenden
bietet einen seltsamen Genuß, und wir verstehen den Wanderer, wenn er
singt: „Ich liebe es, wenn ringsum schon die Nacht geheimnisvoll sich
naht, zu wandeln durch die Einsamkeit auf heidekrautumblühtem Pfad.“
Malmedy liegt in einem hübschen Talkessel. Die Einwohner be—
20 schäftigen sich mit der Herstellung von Papier und Leim, besonders aber
mit der Gerberei, und manche steife Ochsenhaut wird das Jahr über hier
geschmeidig gemacht. Bei Elsenborn dehnt sich ein großer Übungsplatz
für die Soldaten aus, und in Montjoie sind wir an der Rur. Die Stadt
ist klein, ihre Buckskin- und Kunstwollefabriken sind berühmt. Die Bewohner
25 der Umgegend, die „Monschouer“, sind allbekannt. Im Frühling, wenn die
Schwalben wiederkommen, kommen auch die Monschouer „Dreckschwalben“,
wie sie im Volksmund heißen. In der Ziegelhütte, durch die der Winter
seinen Schneesturm gejagt hat, schlagen sie ihre Wohnungen auf. Dann
geht's an die Ziegelarbeit. Der erste wie der letzte Sonnenblick der langen
30 Tage findet sie bei der Arbeit. Da wird gemengt, geformt, getragen und
aufgeschichtet, daß es eine Lust ist. Ist der Lehmvorrat zu Ende, so mahnt
ein kräftiges „Lehm op“ den trägen Träger an seine Pflichten.
In Stolberg finden wir Zink-, Blei- und Silberhütten, die ihre
Erze zum größten Teile den zahlreichen Gruben der nächsten Umgebung
85 oder der Eifel entnehmen, Näh- und Stecknadelfabriken, Glas- und
Spiegelfabriken. Die erforderlichen Mengen Brennstoff liefern die Stein—
kohlenbergwerke der Umgegend. Zwei Kohlenmulden sind besonders
ergiebig: die Eschweiler Mulde an der Inde und die Aachener Mulde an
der Wurm. Jene hat ausschließlich Fettkohle, diese nur magere Kohle.
Mbeitgewohnt treten die Bewohner mit gleicher Freudigkeit an den Amboß
wie zum Schmelzofen und fahren mit gleichem Mute in den Erzstollen
wie zum Kohlenschacht.
Mit Benutzung von Mehlis,
Bilder aus den Landschaften des Mittelrheins, u. Zender, Die Eifel.