Dritter Abschnitt.
Allgemeine Weltkunde.
1. Die Erde.
Die alten Völker glaubten, die Erde sei eine große Scheibe, auf deren
Rande das Himmelsgewölbe ruhe, an dem die Geslirne gleich goldenen
Nägeln befestigt wären. Jeden Morgen, glaubten sie, komme die Sonne
über den Rand dieser Scheibe empor, vollende ihren Lauf am Himmel
und senke sich am Abend wieder unter dieselbe hinab. Sie hielten sich an
das, was der Augenschein lehrt. Jahrtausende sind nötig gewesen, ehe die
Menschheit den kühnen Gedanken fassen konnte, daß die Erde eine mächtige
Kugel sei, die frei im Weltraume schwebe und in Sturmeseile sich um
die Sonne bewege. Obwohl man lange diese Wahrheiten ahnte, so gelang
es doch erst dem Nikolaus Kopernikus um die Zeit, als Luther seine
95 Thesen zu Wittenberg anschlug, die Bewegung der Erde um die Sonne
nachzuweisen. Dieser große Mann war 1473 zu Thorn im damaligen
Herzogtum Preußen geboren. Freilich dauerte es auch nach ihm noch sehr
lange, bis seine Lehre allgemein als richtig anerkannt wurde. Für die
Kugelgestalt der Erde spricht folgendes: 1) Nähert man sich einem fernen
Gegenstande, so erblickt man zuerst die oberen, zuletzt die unteren Teile
desselben. 2) Der Horizont ist überall kreisförmig und erweitert sich
überall um so mehr, je hoöher wir unsern Standpunki nehmen. 3) Schiffe,
die immer nach derselben Richtung segeln, gelangen an kein Ende der
Erde, sondern erreichen zuletzt wieder ihren Ausgangspunkt. Schon kurze
Zeit nach Kolumbus wurde von Ferdinand Magelhaens 1519 die ersle
Reise um die Erde gemacht. 4) Der Erdschatten im Monde bei einer Mond—
finsternis erscheint immer kreisförmig. 5) Älle Himmelskörper, deren Gestalt
beobachtet werden konnte, haben die Form einer Kugel, und es ist nicht
anzunehmen, daß die Erde allein eine Ausnahme mache.
So ganz genau darf man es nun freilich mit der Kugelgestalt der
Erde nicht nehmen; denn es giebt hohe Berge auf derselben. Sie be—
tragen aber im Verhältnis zur großen Erdmasse kaum so viel, wie ein
Sandkörnlein auf einer Kegelkugel. Diese Erdkugel ist nun bon allen
Seiten, wo nur Land ist und wo das Klima es erlaubt, bewohnt. Man
muß aber nicht denken, daß die Leute, welche uns gerade gegenüber an
der andern Seite der Erde wohnen, mit dem Kopfe abwarts hängen und
in Gefahr stehen, in die Luft hinabzufallen. Die Körper werden über—
all von einer geheimen Kraft, die der Erde innewohnt und