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17. „„Und ist es zu spät, und kann ich ihm nicht
ein Retter willkommen erscheinen,
so soll mich der Tod ihm vereinen.
Des rühme der blut'ge Tyrann sich nicht,
daß der Freund dem Freunde gebrochen die Pflicht;
er schlachte der Opfer zweie,
und glaube an Liebe und Treuen?
18. Und die Sonne geht unter, da steht er am Thor
und sieht das Kreuz schon erhöhet,
das die Menge gaffend umstehet;
an dem Seile schon zieht man den Freund empor,
da zertrennt er gewaltig den dichten Chor:
„Mich, Henker!“ rusft er, „erwürget,
da biu ich, für den er gebürget!“
19. Und Erstaunen ergreifet das Volk umher;
in den Armen liegen sich beide
und weinen vor Schmerzen und Freude.
Da sieht man kein Auge thränenleer.
Und zum Könige bringt man die Wundermär';
der fuͤhlt ein menschliches Rühren,
läßt schnell vor den Thron sie führen.
20. Und blicket sie lange verwundert an.
Drauf spricht er: „Es ist Euch gelungen,
ihr habt das Herz mir bezwungen;
und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn;
so nehmt auch mich zum Genossen an;
ich sei, gewährt mir die Bitte,
in eurem Bunde der dritte“.
Fr. v. Schiller.
b) „Wie schön und lieblĩch jst's, wenn Brüder in Eintracht
beissammen wohnen!“
56. Maley und Malone.
Auf einer Insel im Meere Erst trieben sie zusammen;
da lebten der Hirten zwei: doch wie im Kriege ging's:
der eine hieß Malone, der wollte rechts hin treiben,
der andeke hieß Maley. der trieb dann wieder links!
Sie hatten eine Herde
von Schafen beid' ererbt:
die Erbschaft hat Malonen
so wie Maley'n verderbt.
Und endlich kam's zum Terlen,
da blieb zuletzt ein Schaf:
der Zank um dieses brachte
sie erst um Ruh und Schlaf!