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Hungerfibel — nach der Besprechung des Normalwortes Hahn das n dazu
gekommen, ebenso behandelt wie das i, so können wir schon legen in und ni.
Wir machen uns keine Skrupel darüber, daß das ni jetzt noch ohne e ge¬
schrieben wird. Aber wir sinnen uns aus, wo wir das in und das ni etwa
schon einmal gehört haben. „In der Tasche ist das Geldtäschel," kommt einer.
Und ist das u dazu gekommen nach der Betrachtung des Hutes und das m
nach dem Baum, so können wir im und mi, um und mu setzen und un und
nu usw. Mit jedem neu hinzukommenden Laute — gleichviel, ob Vokal oder
Konsonant — wächst die Zahl der Zusammensetzungen, wächst die Zahl der
Wörter — und wenn es auch nur leichte sind (schwere werden in unauffälliger
Weise zurückgewiesen), wächst die Zahl der Sätzchen, die die Kinder
bilden. Denn wir halten immer und immer darauf, daß das Kind Sätzchen
bildet zu jedem neugelegten Wort. Auf Seite 89 ff. der II. Auflage meiner
„Jahresarbeit" habe ich hierzu Beispiele genug angegeben. Und gleichwie in
mancher Fibel ein ganz kleines, skizzenhaft hingeworfenes Bildchen zu manchem
Worte oder Sätzchen zu sehen ist (siehe beispielsweise die Fibeln von Barg¬
mann und Eroßmann, von Lay und Enderlin, von Wiederkehr und Schmid-
hammer u. a.!), so werden auch wir auf die Tafel neben manches neugewonnene
Wort ein solches „Gemälde" zaubern. Lange darf das nicht dauern, „Prä¬
zisionsarbeit" wird das nicht! Aber Leben gibt solch Malendes Zeichnen unserm
Schreibleseunterricht. —
Bald entstehen natürlich kleine Wörterverbindungen — will ich's einmal
nennen, wenn auch noch keine Sätze, die wir schreiben können — aber Wörter¬
verbindungen, z. B.: Die kuh und ihr külb-chen, der ka-ro im ho-fe, der
find-auf im was-ser usw; siehe „Jahresarbeit" S. 91! Und das M. Z.
kommt noch viel rnehr herein in unsern Deutschunterricht. Aber darauf wird
immer gesehen, daß die Kinder die Sätzchen möglichst selbst finden. Erar¬
beiten! Ist ja eine unserer Hauptforderungen! —
So ein Schreibleseunterricht wird nie langweilig, für den Lehrer nicht,
für die Kinder gleich gar nicht. Und man wird sich wundern, wie die Kinder
bald in dem Setzerkasten eine Suche- und Legefertigkeit erlangen, daß man
manchmal glauben möchte, kleine Setzer aus der Buchdruckerei vor sich zu
haben. Sehr gut ist es — was ich hier nachholen Dill — den Kindern in
ihren Setzerkasten einen hektographierten Zettel zur Übersicht zu geben, wie
sie ihre Buchstaben immer in Ordnung zu halten haben. Natürlich immer nach
der Reihe der Fibelsolge. Die Leipziger Setzerkästen haben übrigens diese
Übersicht dabei, die Scheibenberger wohl noch nicht. Doch ist es keine große
Arbeit, 50 Stück zu hektographieren und jedem Kinde einen mitzugeben,
daß der Zettel in die Innenseite des Deckels zu Hause eingeklebt werde. —
diel Arbeit! Viel Arbeit! wird mancher Kollege kopfschüttelnd
und zweifelnd sagen, wenn er meine Äußerungen über den Seherkasten und seine
Benutzung hier gelesen hat. Ich bin ihm vielleicht auch zu ausführlich geworden,
aber ich weiß wohl auch als 50 er zu beurteilen, wo manchen Elementarlehrer
1>er Schuh am meisten drückt. Am Grund legen fehlt es! Am Grundlegen