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2. Endlich hörte er von einem Arzte, der 100 Stunden weit
weg wohnte, der sei so geschickt, dass die Kranken gesund würden,
wWenn er sie nur recht anschaue, und der Tod gehe ihm aus dem Wege,
Wo er sich sehen lasss. Zu dem Arzte fasste der Mann ein Zutrauen
und schrieb ihm seinen Umstand. Der Arzt merkte bald, was ihm feble,
nämlich nicht Arzenei, sondern Mässigkeit und Bewegung, und sagte:
„Wart', dich will ich bald kuriert haben!“ — Deswegen schrieb er
ihm ein Brieflein folgenden Inhalts: „Guter Freund! Ihr habt einen
schlimmen Umstand, doch wird Euch zu helfen sein, wenn Ihr folgen
wollt. Ihr habt ein böses Tier im Bauche, einen Lindwurm mit sieben
Mäulern. Mit dem Lindwurme muls ich selber reden, und Ihr mülst
zu mir kommen. Aber fürs erste, so dürft Ihr nicht fahren oder auf
dem Röselein reiten, sondern auf des Schuhmachers Rappen, sonst
schüttelt Ihr den Lindwurm, und er beisst Euch die Eingeweide ab,
sieben Därme auf einmal ganz entzwei. Fürs andere dürft Ihr nicht
mehr essen als zweimal des Tages einen LTeller voll Gemüse, mittags
ein Bratwürstlein dazu und abends ein Bi und am Morgen ein Pleisch-
süpplein mit Schnittlauch darauf. Was Ihr mehr esset, davon wird
der Lindwurm grölser, also dass er Duch die Leber erdrückt, und der
Schneider hat Euch nimmer viel anzumessen, wohl aber der Schreiner.
Das ist mein Rat, und wenn Bhr mir nicht folgt, so hört Ihr im
andern Frühjahre den Kuckuck nimmer schreien. Thut, was Ihr
wolt!‘ —
3. Als der Patient so mit sich reden hörte, liess er sich so-
gleich den andern Morgen die Stiefeln salben und machte sich auf den
Weg, wie ihm der Doktor befohlen hatte. Den ersten Tag ging es
so langsam, dass wohl eine Schnecke hätte Können sein Vorreiter sein,
und wer ihn grüsste, dem dankte er nicht, und wo ein Würmlein aut
der Erde kroch, das zertrat er. Aber schon am zweiten und dritten
Tage kam es ihmm vor, als venn die Vögel schon lange nimmer so
lieblich gesungen hätten wie heut', und der Tau schien ihm so frisch
und die Kornrosen im Pelde so rot, und alle Leute, die ihm begegneten,
sahen so freundlich aus, und er auch, und alle Morgen, wenn er aus
der Herberge ausging, war's schöner, und er ging leichter und munterer
dahin, und als er am 18. Tage in der Stadt des Arztes ankam und
den andern Morgen aufstand, war es ihm so wohl, dass er sagte
„Ich hätte zu keiner ungeschickteren Zeit können gesund werden als
jetzt, wo ich zum Doktor soll. Wenn's mir doch nur ein wenig in
den Ohren brauste, oder das Herzwasser liefe!“
4. Als er zum Doktor kam, nabm dieser ihn bei der Hand und
sagte: „Jetzt erzählt mir denn doch einmal von Grund aus, was Euch
fehlt.“ Da sagte er: „Hexr Doktor, mir fehlt, gottlob, nichts, und wenn
Ihr so gesund seid wie ieh, so soll's miech freuen.“ Der Doktor sagte