Full text: [Mittelstufe] (Mittelstufe)

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Hirt sein Buch zu, nimmt seinen Stock und sagt: „Du sollst 
doch einmal nach den kleinen Hirten sehen, was das Volk treibt.“ 
Zuerst kommt die Schulzen Koppel. Richtig, die beiden Füllen 
im Hafer, die Kühe in Ordnung, aber nun weiß ich, daß der kleine 
Jürgen schläft. „Hanjürgen, Hanjürgen!“ Schau', da liegt er 
unter der Eiche hat feine, gelbe Wadenruten bei sich liegen und 
— den Katechismus? Ja, es ist wahr. Nun aber ist er auf den 
Beinen. Hör' einmal, mein lieber Jürgen, du hast sehr schön ge— 
schlafen, aber hole doch einmal die Füllen dort aus dem Hafer 
Und wenn ich wiederkomme, sollst du mir den zweiten Artikel ordentlich 
aufsagen, hörst du?“ 
Nun geht's über die goldgrüne Weide, auf welche die Eichen 
lange, tiefe Schatten werfen, und die bunten Kühe heben sich scharf 
ab gegen die dunkle Erlenwand. Auf Wiegrefen Koppel hat Fritz 
das Regiment Da stehen am Graben zwei Eichen, die sichllich 
einen Sessel für Hütejungen vorstellen sollen. Dazu sind sie mit 
Epheu bedeckt und stehen etwas frei. Hier thront der Fritz, die 
lederne Hirtentasche über die Schulter geworfen, einen Strohhut auf 
dem Kopfe, in einer wahren Herrlichkeit. Ihm zu Füßen die bunt 
gefleckte Herde Und wie eifrig der Junge im Katechismus studiert, 
als sollte er morgen Doktor in Göttingen werden, so rabiat studiert 
er. Er wird wohl den Überfall gewiltert haben. — Es ist wahr, 
den dritten Artikel, dazu die Erklärung kann er jetzt aus dem 
Fundamente. „So, nun ist's gut; sag der Trindorte, sie sollte 
heute Abend in die Pfarre kommen, und nun leg' den Katechismus 
weg, hernach komme ich wieder.“ 
Das geht ja gut. Nun wollen wir aber sehen, wie es auf 
Kablitz Koppel aussieht. Da muß man am Raine hergehen, sonst 
sehen es die Burschen und fangen an zu lernen wie die Heiligen. 
— Schau', ihr habt euch ja eine vortreffliche Windmühle gemacht; 
o ja, das Ding geht gut. Wie steht's denn mit dem Liedervers? 
Habt ihr denn den gelernt? Schbn!“ Der alte Hirt muß sich 
wohl ins Gras setzen und sieht zu, daß seine Beine eine Vertiefung 
finden, und die jungen Hirten fangen an. Karl: „Warum sollt 
ich mich denn grämen? Hab' ich doch Christum noch· August, 
fähr fort!“ „Was sind dieses Lebens Güter? Eine Hand voller 
Sand, Kummer der Gemüter. Dort, dort sind die edeln Gaben, 
da mein Hirt Christus wird mich ohn Ende laben.“ So machen 
wir die Verse durch, barhaupt, unter Gottes hellem, schönem Himmel 
klingt die arme Rede doch schön. Die beiden leßten Verse über— 
lest noch einmal, dann jagt euer Vieh noch einmal zusammen, und 
dann will ich euch rufen.“ 
Wie sieht's denn wohl auf Ripken Koppel aus? — Oho! 
Wo hast du deine Kühe, Wilhelm? Lauf!“ Nun läuft er hin
	        
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