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182. Blau-⸗-Veilchen.
Und so im behenden Lauf
Steigt das Veilchen den Hügel hinauf,
Pflanzt sich dort oben ein
Im schönsten Sonnenschein.
Kaum aber hat es hier einen Tag gestanden,
Spricht es: „Von allen Landen
Sieht man hier oben kein großes Stück,
Man hat keinen freien Blick;
AWer auf jenem Berge dort,
Das wäre ein Ort,
Wo ich wohl möchte steh'n
Um in die weite Welt zu seh'n;
Drum wär' es noch gescheiter getan,
Ich lieg ein bißchen höher hinan.
Und wie gesagt, so getan. —
Aus dem Hügel, wo es stand,
Zieht es mit eigner Hand
Ein Beinchen nach dem andern
Und begibt sich aufs Wandern.
Doch den Berg hinauf
Geht es nicht in so raschem Lauf;
Es muß sich verpusten, muß öfter ruh'n.
Endlich mit niedergetretenen Schuh'n,
Auf beschwerlicher Bahn,
Kommt 's Veilchen oben an,
Pflanzt sich dort wieder ein
Im hellen Sonnenschein.
„Ei,“ spricht es, „hier ist es schön!
Aber alles kann man doch nicht seh'n!
So ein Berg
Ist doch nur ein Zwerg.
Auf der Alp da droben,
Das war' eher zu loben;
Da möcht' ich wohl sein!
Da guckt' ich bis in den Himmel hinein,
Hörte die Englein musizieren,
Säh' unsern Herrgott die Welt regieren!“