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77. Mann und Frau im Essigkrug.
Wüsten erstrecken sich in ihren höheren Lagen, und zerklüftete Gletscher
umsäumen den Gipfel. Drunten aber im Loisachthale ist das Gefilde
weithin eben, und die heiße Sonne wirft ihre Strahlen auf die saftigen
Wiesen und das goldene Ährenfeld.
Nahe an der Zugspitze liegt Partenkirchen, das schon die Römer
auf ihrem Wege ins deutsche Land erbaut haben, und nicht weit davon
das freundliche Garmisch, von der schnellfließenden Loisach durchströmt.
Den Fremden, die während des Sommers das ‚Werdenfelser Land“ be—
suchen, bietet sich zu zahllosen Ausflügen Gelegenheit. Da ist die Part—
nachklamm, das Rainthal, der dunkle Eibsee, der liebliche Badersee und
vieles andere.
2. Die Besteigung der Zugspitze ist jetzt bedeutend erleichtert; immer—
hin nimmt sie gewöhnlich zwei Tage in Anspruch. Der Ostgipfel des
Berges trägt ein eisernes Kreuz von etwa 5m Höhe. Im September 1897
wurde nahe am Westgipfel das „Münchener Haus“ eröffnet, das „höchste
Haus“ des deutschen Reiches. Die Fernsicht, die sich hier bietet, reicht
fast unermeßlich weit. Besonders schön erglänzen im Süden die ge—
waltigen Ketten der Tiroler Alpen. Wohin das Auge blickt, wird es
geblendet von Schnee und Eis. Nach Norden hin liegt in einer schwin⸗
delnden Tiefe von 2000 m der von Wäldern umsäumte Eibsee scheinbar
senkrecht zu Füßen des Beschauers. Weiterhin aber glitzert das heitere
Land. Jedes Haus ist ein schimmernder Punkt, jeder Fluß ein silberner
Faden, der sich endlich in blauer duftiger Ferne verliert.
77. Mann und Prau im Essigkrug.
L. Bechstein.
Es war emmal ein Mamn und eine Frau,; die haben lange,
lange mit einander in einem LEssiqhrug geiohmt. Am Ende sind
ie's uberdrussig geworden, umd der Manmn hat eu der Prau gesagt.
Du bist schald daram, daso wir in dem sauern Ebssigarugq leben
missen; wũren wir nur micht dale Die Frau hat aber gesagt.
Nein, dus bist schuld daram, « umnd da haben sie angefumgen mũt
einander eu lippeln umd eu gumsien, und ist eins dem amdern in
dem Ebsighruq nachgelaufen. Da ist einstmaols ein goldiges Vogeleimn
an den Ebsiglerug gekommen,; dies hat gesagt: » Was habt ĩhr denn
nur so mit einander?c »Bi, « hat die Frau gesagqt, ↄuvir sindls
Essiquigol uberdrussig und möchten auoh einmal wohmnen vwie andere
Leute; hernach uwolloen uir gerne eufrieden sein. « Da hat sie das
goldige Vogeleim aus dem Essigkruq herdusgelassen, hat sie am ein
neues Huschen geführt, io hinten drum ein æierliches Gũrtchen