—2 —
Der Bauer trug Sultan sogleich selbst auf seinen Armen
in das Haus und rief die Knaben herbei. Sie erschraken nicht
wenig, als sie sahen, was sie mit ihrer Nachlässigkeit ange-
richtet hatten, und brachen in lautes Weinen aus.
Der Vater wies sie zur Ruhe und tat mit Hilfe eines her-
beigeeilten Knechtes alles, den Hund wieder ins Leben zu
bringen. Nach einiger Zeit gelang dies virklich, und ein leises
Winseln verriet, daß der Hund aus seiner Erstarrung erwachte.
Es dauerte nicht lange, so leckte er dem Vater die Hand.
Der Jubel der Knaben über die Rettung Ssultans war un-
beschreiblich. Sie gingen auf den Vater zu, gaben ihm die
Hand und gelobten ihm, daß nie wieder ein Tier dureh ihre
Schuld zu leiden haben solle. Der Vater nahm die Hand der
beiden Knaben und sagte: „Es sei euch verziehen. Aber nun
versprecht mir, auch später niemals zu vergessen, daß ein
Tier für die Dienste, dié es uns leistet, auch Anspruch auf
Schutz und sorgliche Pflege hat.“ Die Knaben versprachen es
und haben Wort gehalten.
71. Ein Schneeball. Von Edmondo de Amicis.
uer noeh schneite es. Eine Schar Knaben fing an,
Schneebälle zu werfen, dié aus nassem Schnee gemacht
und fest und schwer wurden wie Steine. Ein Herr rief: „Hört
auf, ihr Jungen!“ In demselben Augenblick hörte man einen
lauten Schrei von der andern seite der Straße, und ein Greis,
der den Hut verloren hatte, taumelte und bedeckte sich das
Gesicht mit beiden Händen. In seiner Nähe rief ein Knabe:
„Zu Hilfe! Zu Hille!“ Sofort eilten von allen Seiten Leute her-
bei. Ein Schneeball hatte ihn ins Auge getroffen. Die Knaben
stoben pfeilgeschwind nach allen Seiten auseinander. Ich stand
vor dem Laden des Buchhändlers, wo mein Vater eingetreten
war, und sah mehrere meiner Kameraden eiligen Laufes heran—
kommen. Sie mischten sich unter die andern, als ob sie die
Schaufenster betrachten wollten. Da war Heinz mit seinem
täglichen Stück Brot in der Tasche und PFritz, der Marken-
sammler. Unterdessen hatte sieh eine Menge Volkes um den
Greis geschart, und einé Wache und andere Leute liefen da—
und dorthin, drobend und rufend: „Wer hat das getan?
Woer istis gewesen? Bist du es? Sagt, wer es gewesen ist!“
— Und sie besahen den Knaben die Hände, ob sie von
Schnee naß seien. Pritz stand neben mir; ieh bemerkte, daß
er totenblahß war und am ganzen Leibe zitterte. „Wer ist's?